Arbeitsrecht23.04.2021 Newsletter

Update Gesetzesänderungen: Bundeskompetenzen und Home-Office-Zwang

Heute tritt das „Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ mit Änderungen des Bundesinfektionsschutzgesetzes (IfSG) in Kraft. Für die kommende Woche hat Hubertus Heil zudem eine Anpassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung angekündigt.

Einführung der „bundeseinheitlichen Notbremse“

Mit der Änderung des IfSG werden dem Bund originäre Länderbefugnisse zur bundeseinheitlichen Regelung von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, eingeräumt.

Die bundesweite Notbremse, welche im neu eingefügten § 28b des IfSG geregelt ist, sieht dabei folgende Maßnahmen vor, wenn in einem Landkreis oder in einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Zahl eine Inzidenzwert von 100 überschritten wird:

  • Kontaktbeschränkungen für private Treffen drinnen und draußen
  • Keine Schließung von Geschäften in den Bereichen Lebensmitteln, Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs und existenziellen Dienstleistungen
  • Körpernahe Dienstleistungen nur zu medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken mit tagesaktuellem negativen Corona-Test
  • Schließung von Gastronomie und Hotellerie, Freizeit- und Kultureinrichtungen mit Ausnahme von Außenbereichen von zoologischen und botanischen Gärten und aktuellem negativen Test; Ausnahmeregelungen beim Sport
  • Ausgangsbeschränkungen zwischen 22 Uhr und 5 Uhr mit Ausnahmen
  • Schließung des Einzelhandels (Click & Meet) ab einer Inzident von über 150
  • Kein Präsenzunterricht bei einer Inzidenz über 165

Eingang der Home-Office-Pflicht in das IfSG

Bereits in der aktuellen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ist die Pflicht des Arbeitgebers geregelt, Arbeitnehmern – sofern keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen – Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten in deren Wohnung zu ermöglichen. Diese Pflicht wurde nunmehr in das geänderte IfSG übernommen und soll in der kommenden Woche aus der Arbeitsschutzverordnung gestrichen werden.

Die Home-Office-Regelung innerhalb des IfSG geht allerdings weiter als die bisherige Arbeitsschutzverordnung. Nun haben auch Arbeitnehmer die Pflicht, dass Home-Office-Angebot anzunehmen, wenn ihnen dies grundsätzlich möglich ist. Damit entsteht faktisch ein Zwang ins Home-Office zu wechseln.

Der Arbeitgeber hat dabei in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Durchführung von Home-Office betriebsbedingt möglich ist. Der Gesetzesbegründung ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass betriebsbedingte Gründe dann vorliegen können, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Technische oder organisatorische Gründe, wie zum Beispiel die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten können in der Regel nur vorübergehend angeführt werden.

Arbeitnehmer müssen sodann ihre Tätigkeit im Home-Office erbringen, wenn es keine aus ihrer Sicht dagegensprechende Gründe gibt. Als entgegenstehende Gründe nennt die Gesetzesbegründung beispielsweise räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung.

Den Arbeitgeber treffen gegenüber den zuständigen Vollzugsbehörden entsprechende Dokumentationspflichten. In diesem Zusammenhang konkretisiert die Gesetzesbegründung, dass der Arbeitgeber auf Verlangen der zuständigen Behörde die Gründe darlegen muss, weshalb die Home-Office-Maßnahme nicht umgesetzt werden kann. Dementsprechend hat der Arbeitgeber nicht nur die in seiner Sphäre liegenden betriebsbedingten Gründe, welche gegen die Durchführung von Home-Office sprechen, zu dokumentieren, sondern vielmehr auch die „privaten“ Gründe, die der Arbeitnehmer gegen das Arbeiten aus dem Home-Office vorgetragen hat. Der Arbeitgeber kann in diesem Zusammenhang vom Arbeitnehmer eine Mitteilung verlangen, dass das Arbeiten von zu Hause aus nicht möglich ist. Hierdurch kommt er seiner Darlegungslast nach. In welcher Detailtiefe die Gründe des Arbeitnehmers dargelegt werden müssen und ob den Arbeitgeber hier eine Pflicht zur Überprüfung der Gründe trifft, ist nicht geregelt.

Gegen eine solche Pflicht sprechen aus unser Sicht datenschutzrechtliche Erwägungen. Auch arbeitsrechtlich werden Konsequenzen gegenüber einem Arbeitnehmer, der die wahren Gründe verschweigt, die gegen das Home-Office sprechen, nicht umsetzbar sein.

Geplante Anpassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

In der kommenden Woche soll zudem die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung innerhalb kurzer Zeit erneut geändert werden.

Neben der Streichung der bisher in der Arbeitsschutzverordnung enthaltenen Home-Office-Regelung sollen Arbeitgeber nunmehr grundsätzlich verpflichtet werden, Arbeitnehmern mindestens zwei PCR- oder Antigen-Schnelltests pro Woche zur Verfügung zu stellen. Eine Differenzierung nach betrieblichen Örtlichkeiten und Arbeitsbereichen würde hierdurch aufgehoben. Daneben seien weiterhin die bisher geltenden Hygieneregelungen (insbesondere AHA-Regeln) einzuhalten.

Nach der derzeit gültigen Arbeitsschutzverordnung sind entsprechende Nachweise für die Beschaffung der Tests durch den Arbeitgeber mindestens vier Wochen aufzubewahren. Geplant ist nunmehr, diese Aufbewahrungspflicht bis zum 30. Juni 2021 zu verlängern. Begründet wird das damit, dass Anlass für Überprüfungen während der gesamten Geltungsdauer der Verordnung, mithin bis zum 30. Juni 2021 bestehen. Als Nachweis der Beschaffung der Testressourcen genüge der Nachweis einer Bestellung der benötigten Testmengen.

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Jörn Kuhn

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