Ukraine-Krieg: Geltende Sanktionen auf einen Blick

 

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben die EU und die USA zahlreiche Sanktionen gegen Russland und Belarus verhängt. Die EU hat mittlerweile das siebte Sanktionspaket erlassen. Aus der Vielzahl an Regelungen und der dynamischen Entwicklung ergeben sich für Unternehmen viele Fragen. Wir geben einen Überblick über die bislang ergriffenen Sanktionsmaßnahmen der EU. Maßgeblich sind hier die Verordnungen (EU) 833/2014 und (EU) 269/2014.

1. Zentrale Sanktionsmaßnahmen

Finanzsektor

Die beschlossenen Regelungen der Verordnung (EU) 269/2014 zielen maßgeblich darauf ab, den russischen und belarussischen Finanzsektor zu schwächen. Deshalb wurden zehn russische und vier belarussische Banken – darunter die größte russische Bank Sberbank – vom SWIFT-System ausgeschlossen. Darüber hinaus sind Transaktionen im Zusammenhang mit Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten mit ausgewählten Banken verboten. Auch der Handel mit Krypto-Währung ist eingeschränkt.

Ausgewählte Industriesektoren

Zentraler Bestandteil der EU- und US-Sanktionspolitik sind Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen für diverse Güter und Technologien. Sie sind primär geregelt in der Verordnung (EU) 833/2014. Betroffen sind davon mittlerweile eine Vielzahl von Industriesektoren.

Ausfuhrbeschränkungen nach Russland gelten für folgende Industriesektoren bzw. Güter:

  • militärische und militärisch nutzbare Güter und Technologie
  • Öl- und Gasförderung
  • Luft-, Raum- und Seeschifffahrt
  • Luxusgüter
  • bestimmte chemische Stoffe
  • Spitzentechnologie (z. B. hochwertige Elektronikerzeugnisse)
  • Güter und Dienstleistungen für die Energiewirtschaft

Einfuhrbeschränkungen bestehen für folgende Industriesektoren bzw. Güter aus Russland:

  • Eisen- und Stahlerzeugnisse
  • in Russland wirtschaftlich starke Industriezweige (etwa Zement, Holz, ausgewählte Düngemittel, Meeresfrüchte und Spirituosen)
  • Kohle und andere feste fossile Brennstoffe
  • Rohöl und raffinierte Erdölerzeugnisse
  • Gold, einschließlich Schmuck

Es gelten jedoch einige Ausnahmen und Übergangszeiträume. Daher folgt aus der Listung eines Gutes nicht ohne Weiteres das Verbot, entsprechende Geschäfte zu tätigen. Vielmehr bedarf es einer gesonderten Prüfung des Einzelfalls.

Personenbezogene Sanktionen

Die personenbezogenen Sanktionen, die in der Verordnung (EU) 269/2014 geregelt sind, stellen ebenfalls ein zentrales Element der Sanktionspolitik dar. Wenn eine natürliche oder juristische Person im Anhang dieser Verordnung, der sog. Sanktionsliste, gelistet ist, werden ihre Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen eingefroren. Den gelisteten Personen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zugutekommen. Allein auf der Sanktionsliste der EU sind mittlerweile über 1.000 natürliche Personen und über 100 juristische Personen und Einrichtungen aufgeführt.

2. Sonstige Sanktionsmaßnahmen

Die vorgenannten Maßnahmen werden u. a. durch das Verbot ergänzt, mit bestimmten staatseigenen Unternehmen Russlands Geschäfte zu tätigen. Auch gilt im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe ein grundsätzliches Zuschlags- und Vertragserfüllungsverbot zulasten von Unternehmen mit Russlandbezug (siehe dazu auch unseren Newsletter: Russland-Sanktionen – was geht noch bei öffentlichen Aufträgen?).

Ferner ist es verboten, für russische Unternehmen Dienstleistungen in den Bereichen Steuer- und Unternehmensberatung sowie Wirtschaftsprüfung zu erbringen. Schiffe unter russischer Flagge dürfen nicht mehr in Häfen und Schleusen der EU einfahren. Schließlich hat die EU die Sendetätigkeit von fünf staatseigenen russischen Medien in der EU ausgesetzt.

3. Wie geht es jetzt weiter?

Die EU und die USA behalten sich vor, ihre Sanktionsmaßnahmen entsprechend der weiteren Entwicklung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu verschärfen. Zu welchen Änderungen des Sanktionsregimes es in den kommenden Monaten kommt, hängt  insbesondere davon ab, wie sich die Kriegshandlungen in der Ukraine weiter entwickeln.

4. Was ist jetzt zu tun?

  • Vor allem Unternehmen mit substantiellem Russland-Geschäft sollten eine Task-Force zusammenstellen, die in jedem Fall die Bereiche Recht, Compliance, Key Account Management und Öffentlichkeitsarbeit abdecken sollte. Da Informationen aus der Öffentlichkeit und selbst offizielle FAQ und Pressemeldungen die Rechtslage nicht immer zutreffend abbilden, sind bei jeder geplanten Transaktion mit Russlandbezug die Sanktionsverordnungen selbst zu prüfen.
  • Die Task-Force sollte sicherstellen, dass Güter und Technologien nach Maßgabe der neuen Anhänge der Russland-Sanktionen klassifiziert werden, Geschäftspartner und Banken geprüft und ggf. Exportstopps eingerichtet werden.
  • Ein besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, dass mittlerweile einige der ursprünglichen Übergangszeiträume und Privilegien für Altverträge abgelaufen sind.
  • Außerdem sollte die Task-Force die weitere rechtliche Entwicklung in den USA und Europa verfolgen. Eine enge Anbindung an die Unternehmensleitung wird dringend empfohlen. Einige Unternehmen haben diese Teams in Zuständigkeiten unterteilt – für die USA und für die EU.
  • Die Lieferketten sollten auf einen möglichen Russland- oder Belarusbezug hin untersucht werden. Dies gilt umso mehr, als nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Einfuhrbeschränkungen gelten.
  • Dem Sanctions Screening – also der Überprüfung der Geschäftspartner anhand der Sanktionslisten – ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen. In den letzten Wochen und Monaten hat sich gezeigt, dass die Sanktionslisten auch kurzfristig geändert werden können. Daher empfiehlt sich idealerweise ein tagesaktuelles Sanctions Screening.
  • Unternehmen, die an der öffentlichen Auftragsvergabe teilnehmen, sollten ihre Unterauftragnehmer und Lieferanten im Hinblick auf einen möglichen Russlandbezug untersuchen. Wenn ein solcher Russlandbezug besteht, gilt nämlich unter Umständen das o. g. Zuschlags- und Vertragserfüllungsverbot.

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Stephan Müller

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