13.12.2023 Newsletter

Fokus Arbeitsrecht 4. Quartal 2023

In der letzten Ausgabe des Fokus Arbeitsrecht in diesem Jahr finden Sie den gewohnten Überblick über die wichtigsten arbeitsgerichtlichen Entscheidungen der letzten Monate, den ab 01.01.2024 geltenden Mindestlohn sowie die im nächsten Jahr anwendbaren Sozialversicherungsrechengrößen. 

Zudem sind für das kommende Jahr zahlreiche neue Gesetze in Planung: Die Normen in der Betriebsverfassung zur Betriebsratsvergütung sollen präzisiert werden und damit für mehr Rechtsklarheit sorgen. Zudem plant das Bundesarbeitsministerium für Anfang 2024 das Inkrafttreten eines neuen Bundestariftreuegesetzes (BTTG). Das Ziel: Die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes soll an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrags der Branche gebunden werden. Bei Verstößen drohen Vertragsstrafen, eine Nachunternehmerhaftung sowie ein Ausschluss vom Vergabeverfahren. Es bleibt somit im Arbeitsrecht wie immer spannend!

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien erholsame Feiertage und alles Gute für das Jahr 2024! 

1. Neue Rechtsprechung

1.1 Kündigungsschutz für GmbH-Geschäftsführer beim Betriebsübergang?

1.2 Arbeit auf Abruf – Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit

1.3 Personalvermittlungsprovisionen – Unwirksamkeit von Erstattungsklauseln bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers

1.4 Rückzahlung von Fortbildungskosten

1.5 Kein Mitbestimmungsrecht beim Verbot der Smartphone-Nutzung

1.6 Auswirkungen der erwerberseitigen Vergütungsstruktur auf fortgeltende Versorgungszusagen mit Endgehaltsbezug

1.7 Neues zur Zustellung von Kündigungsschreiben

1.8 Schadensersatz wegen unerlaubter Verwendung von Bildmaterial eines ehemaligen Mitarbeiters

1.9 Handlungsspielraum bei Verurteilung zur (vorläufigen) Weiterbeschäftigung 

1.10 Kein Hausverbot für Betriebsratsmitglieder – selbst bei Verdacht auf eine Straftat 

1.11 Kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates bei Nutzung nicht mitbestimmter Personalfragebögen im Bewerbungsgespräch

2. Rechtsentwicklungen

2.1 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes bezüglich der Betriebsratsvergütung

2.2 Sozialversicherungsrechengrößen 2024

2.3 Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung

2.4 Die Uhr tickt: Fristen zu Einführung des Hinweisgeberschutzsystems enden am 17. Dezember 2023

 

1. Neue Rechtsprechung

1.1 Kündigungsschutz für GmbH-Geschäftsführer beim Betriebsübergang?

Bei einem Betriebsübergang kann auch das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers auf den Erwerber übergehen – wenn es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt. Die Organstellung geht hingegen nicht über; der bisherige Geschäftsführer hat allenfalls einen Anspruch auf Beschäftigung mit den Tätigkeiten, die er als Geschäftsführer aufgrund seines Arbeitsvertrags ausgeübt hat (BAG vom 20.07.2023 – 6 AZR 228/22).

In dem zugrundeliegenden Fall klagte der ehemalige Geschäftsführer einer GmbH. Dieser war seit dem Jahr 2000 bei einem Logistikdienstleister als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Im Jahr 2013 wurde er zum Geschäftsführer bestellt, ohne dass die Parteien jedoch einen gesonderten Dienstvertrag geschlossen hatten. Nachdem im Jahr 2019 das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde der Geschäftsbetrieb von einer Tochtergesellschaft der Unternehmensgruppe weitergeführt. Der Insolvenzverwalter kündigte dem Geschäftsführer Anfang 2020 betriebsbedingt, woraufhin dieser am nächsten Tag sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung niederlegte.

Der Klage des ehemaligen Geschäftsführers gegen die Kündigung wurde vom ArbG Rheine zunächst stattgegeben. Nachdem das LAG Hamm die Klage vollständig abwies, hat das BAG nun das Urteil des LAG aufgehoben und zur erneuten Entscheidung dorthin zurückverwiesen. Das BAG bestätigte zunächst, dass sich Geschäftsführer aufgrund des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht auf den Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz berufen könnten. Dies gelte auch dann, wenn der Geschäftsführer aufgrund eines Arbeitsvertrags angestellt sei. Maßgeblich dafür sei die organschaftliche Stellung des Betroffenen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Insofern habe es keine Auswirkungen, dass der Kläger sein Amt als Geschäftsführer nach Zugang der Kündigung niedergelegt habe. Die Kündigung habe daher keiner sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG bedurft.

Das BAG sprach sich dann aber für einen Kündigungsschutz nach § 613a Abs. 4 BGB wegen des Betriebsübergangs aus. Danach ist eine betriebsbedingte Kündigung wegen eines Betriebsübergangs unwirksam. Entgegen der Auffassung des LAG entschied das BAG, dass § 613a BGB auch auf Organmitglieder juristischer Personen anzuwenden sei – wenn der Organstellung ein Arbeitsvertrag zugrunde liege. Hinsichtlich der Rechtsverhältnisse von Geschäftsführern sei strikt zwischen der organschaftlichen Stellung und dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Für den Betriebsübergang bedeute dies, dass nur die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis – nicht aber die Organstellung – auf den Erwerber übergingen. Ob in der Sache tatsächlich ein Betriebsübergang gem. § 613a BGB vorlag, muss nun allerdings durch das LAG geprüft werden.

Für die Praxis bedeutet dies, dass mehr denn je auf die Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses mit einem Geschäftsführer zu achten ist. Gerade im Kontext von Transaktionen – wenn ein Wechsel der Geschäftsführung nicht selten ist – kann sich eine nachlässige Vertragsgestaltung rächen.

Dr. Alexander Willemsen

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1.2 Arbeit auf Abruf – Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit 

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, ohne die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen, gilt nach der gesetzlichen Regelung eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Nur in Ausnahmefällen kommt eine abweichende Auslegung in Betracht, so das BAG mit Urteil vom 18.10.2023 – 5 AZR 22/23.

Die Klägerin war seit 2009 als „Abrufkraft“ bei der Beklagten tätig. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Beklagte zog die Klägerin nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichen Umfang zur Arbeit heran. Nachdem sich dieser Umfang ab 2020 im Vorjahresvergleich verringerte, machte die Klägerin geltend, die Beklagte habe ihre Arbeitskraft in den Jahren 2017 bis 2019 im Umfang von durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich abgerufen. Dies sei nunmehr die geschuldete und von der Beklagten zu vergütende Arbeitszeit. Soweit die Beklagte sie ab 2020 nicht in diesem Umfang abgerufen habe, verlangte die Klägerin eine Nachzahlung wegen Annahmeverzugs.

Das BAG hat der Klägerin einen Annahmeverzugslohn nur insoweit zugesprochen, als in einzelnen Wochen der Abruf der Arbeitsleistung 20 Stunden unterschritt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Vereinbarten die Parteien, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, müssten sie nach § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG arbeitsvertraglich eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen. Unterließen sie das, schließe § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG diese Regelungslücke, indem kraft Gesetzes eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart gelte. Nur im Ausnahmefall könne eine davon abweichende Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen werden. Dies betreffe Fälle, in denen die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG im konkreten Arbeitsverhältnis nicht sachgerecht sei.

Zudem müssten objektive Anhaltspunkte vorliegen, dass die Parteien eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere bzw. niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart hätten, soweit ihnen die Regelungslücke bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre. Werde die anfängliche arbeitsvertragliche Lücke zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Beginn des Arbeitsverhältnisses durch die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG geschlossen, könnten die Parteien in der Folgezeit zwar ausdrücklich oder konkludent eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Dafür reiche das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden und scheinbar willkürlich gewählten Zeitraum allerdings nicht aus. Dem Abrufverhalten komme kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu, so das BAG.

Arbeit auf Abruf ist ein alternatives Arbeitszeitmodell. Der Vorteil für Unternehmen liegt darin, bei schwankendem Arbeitsanfall individuelle Arbeitszeiten flexibel abrufen zu können. Im Gegenzug sind strikte gesetzliche Grenzen zu beachten. Neben der Dauer der Wochenarbeitszeit betrifft dies z. B. die Dauer des täglichen Arbeitseinsatzes oder eine viertägige Ankündigungsfrist. Unternehmen sollten die Entscheidung zum Anlass nehmen, bestehende und zukünftige Arbeitsverträge bei vereinbarter Arbeit auf Abruf sorgfältig zu überprüfen. Hierbei sind ferner § 2 Abs. 1 Nr. 9 NachwG sowie Mitbestimmungsrechte eines bestehenden Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bzgl. der Ausgestaltung von Arbeit auf Abruf zu beachten.

Dr. Johannes Kaesbach

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1.3 Personalvermittlungsprovisionen – Unwirksamkeit von Erstattungsklauseln bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers

Das BAG (Urteil vom 20.06.2023 – 1 AZR 265/11) erteilt Erstattungsklauseln bei Vermittlungsprovisionen eine grundsätzliche Absage. Im Unterschied zu Rückzahlungsklauseln bei Aus- und Fortbildungskosten erhält der Arbeitnehmer für die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit keinen gleichwertigen Vorteil. Das BAG nennt allerdings vertragsrechtliche Alternativen, mit denen der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zu längerer Betriebstreue anhalten kann.

Die Parteien schlossen einen Arbeitsvertrag zum 01.05.2021, der durch die Vermittlung eines „Headhunters“ zustande kam. Dafür zahlte die beklagte Arbeitgeberin eine Vermittlungsprovision an den Headhunter. Im Arbeitsvertrag verpflichtete sich der Kläger zur Erstattung dieser Provision an die Beklagte, sofern das Arbeitsverhältnis aus vom Arbeitnehmer „zu vertretenden Gründen“ vor dem Stichtag des 30.06.2022 ende. Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis noch innerhalb der Probezeit kündigte, behielt die Beklagte einen Teil der Vergütung und des vereinbarten Verpflegungszuschusses ein.

Das BAG sprach dem Kläger in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen einen Zahlungsanspruch zu, da die Erstattungsklausel den Kläger gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei. Die Bindung des Klägers an die Erstattungspflicht, ohne nach dem Grund des Ausscheidens zu differenzieren, entfalte einen starken Bleibedruck, der in die nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Arbeitsplatzwahlfreiheit des Arbeitnehmers eingreife. Dies werde auch nicht durch das Interesse der Beklagten an einer lohnenswerten Aufwendung zur Personalbeschaffung aufgewogen. Denn der Arbeitgeber trage im Rahmen des Arbeitsverhältnisses typischerweise das Risiko dafür, dass sich von ihm getätigte Investitionen rentierten.

An dieser Bewertung ändere sich auch nichts durch die Tatsache, dass der Kläger in 24 Jahren bereits 21 Mal den Arbeitgeber gewechselt habe. Denn diese Umstände habe die Beklagte bei Vertragsabschluss bewusst in Kauf genommen. Hinzu komme, dass der Arbeitnehmer – und hier liegt der wesentliche Unterschied zur Rechtsprechung des BAG bei Rückzahlungsklauseln hinsichtlich Aus- und Fortbildungskosten (Urt. v. 1.3.2022 – 9 AZR 260/21) – keinen gleichwertigen Vorteil für die Einschränkung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit erhalte.

Damit hat das BAG Erstattungsklauseln bei Vermittlungsprovisionen wohl endgültig einen Riegel vorgeschoben. Allerdings weist das BAG selbst auf vertragsrechtliche Alternativen hin, derer sich Unternehmen bedienen können, um Arbeitnehmer zu einer längeren Betriebstreue anzuhalten. Dies gelingt insbesondere durch eine beiderseitige (vgl. §§ 622 Abs. 5 S. 3, Abs. 6 BGB) Verlängerung der ordentlichen Kündigungsfrist, wobei nach Ansicht des LAG Sachsen (Urt. v. 19.1.2016 – 3 Sa 406/15) eine Kündigungsfrist von bis zu einem Jahr zulässig sei. Absichern ließe sich die Einhaltung der verlängerten Kündigungsfrist durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der vertragswidrigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Bei der Ausgestaltung der Vertragsstrafenklausel ist jedoch darauf zu achten, dass nur schuldhafte Verstöße des Arbeitnehmers gegen vertragliche Pflichten die Zahlung einer Vertragsstrafe auslösen. Eine zu weite Formulierung, die z. B. auch krankheitsbedingte Kündigungen des Arbeitnehmers erfasst, würde die Klausel insgesamt unwirksam werden lassen.

Marko Vraetz

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1.4 Rückzahlung von Fortbildungskosten

Einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er die Fortbildung nicht beendet, sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht nur an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe dafür zu betrachten. Es müssen jedenfalls praktisch relevante Fallkonstellationen von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegen. Die vom Arbeitgeber (mit)verantwortete Kündigung des Arbeitnehmers stellt im Arbeitsleben keinen so seltenen und fernliegenden Tatbestand dar, dass sie nicht gesondert erwähnt werden müsste (BAG vom 25.04.2023 – 9 AZR 187/22).

Die Beklagte war sechs Jahre lang bei der Klägerin als Buchhalterin beschäftigt. Die Parteien schlossen einen Fortbildungsvertrag für die Zeit vom 01.08.2017 bis zum 31.03.2019 ab, der den Erwerb des Steuerberaterexamens durch die Beklagte zum Gegenstand hatte. Die Beklagte trat nicht zu den vorgesehenen Prüfungsterminen an und kündigte zum 30.06.2020 das Arbeitsverhältnis. Daraufhin machte die Beklagte die Rückzahlung der Fortbildungskosten auf Grundlage der Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag vor dem ArbG Lingen geltend. Dieses hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Deren Berufung hat das LAG Niedersachsen zurückgewiesen.

Das BAG folgte der Argumentation der Vorinstanzen nicht. Die entsprechende Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand und sei deshalb im Ganzen unwirksam. Rückzahlungsverpflichtungen dieser Art seien geeignet, auf den Arbeitnehmer einen Bleibedruck im bestehenden Arbeitsverhältnis auszuüben und damit das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes einzuschränken. Insoweit benachteilige das Anknüpfen der Rückzahlungsklausel an das wiederholte Nichtablegen der Prüfung die Beklagte nach Ansicht des BAG unangemessen, da nicht im erforderlichen Maße nach den Gründen für die unterbliebene Teilnahme an der Prüfung differenziert worden sei. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Rückzahlungspflicht für einige Fallkonstellationen durch eine Härtefallregelung ausgeschlossen sei. Diese umfasse nicht alle praktisch relevanten Fälle, insbesondere keine Konstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre der Beklagten lägen. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel sei es unerheblich, welche Gründe die Beklagte veranlasst hätten, die Prüfung nicht abzulegen. Bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln werde durch die §§ 305 ff. BGB missbilligt, nicht erst deren unangemessener Gebrauch im konkreten Fall.

Die Entscheidung knüpft nahtlos an die bisherige Rechtsprechung des BAG an, insbesondere an das Urteil vom 01.03.2022 – 9 AZR 260/21. Das BAG hat festgehalten, dass Ausnahmeregelungen von Rückzahlungsverpflichtungen keinen Rückschluss auf andere, nicht explizit geregelte Sachverhalte zulassen. Insbesondere vom Arbeitgeber mitverantwortete Eigenkündigungen des Arbeitnehmers sollten daher von einer Rückzahlungspflicht ausgenommen werden. Der Arbeitnehmer muss es letztlich selbst in der Hand haben können, die Rückzahlungsverpflichtung durch Betriebstreue zu vermeiden. Wieder zeigt sich, dass bei der Formulierung von Rückzahlungsklauseln höchste Sorgfalt ratsam ist.

Lisa Striegler

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1.5 Kein Mitbestimmungsrecht beim Verbot der Smartphone-Nutzung 

Die allgegenwärtige Präsenz von Smartphones und die dauerhafte Erreichbarkeit ihrer Nutzer veranlassen Arbeitgeber zunehmend, die private Nutzung eines Smartphones am Arbeitsplatz zu verbieten. In diesem Zusammenhang war das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG lange umstritten. Das BAG hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 17.10.2023 diesen langwierigen Streit beendet und entschieden, dass Arbeitgeber die private Nutzung von Smartphones am Arbeitsplatz ohne Zustimmung des Betriebsrates untersagen können (BAG, Beschluss vom 17.10.2023 - 1 ABR 24/22).

In einem produzierenden Betrieb im Bereich der Automobilzulieferindustrie erlies die beklagte Arbeitgeberin per Aushang im Wege einer Mitarbeiterinformation „Regeln zur Nutzung privater Handys während der Arbeitszeit“, die ein Handynutzungsverbot am Arbeitsplatz enthielt. Daneben wurden auch arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung für den Fall des Verstoßes angekündigt. Der Betriebsrat forderte unter Hinweis auf einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand die Arbeitgeberin auf, die Maßnahme unverzüglich zurückzunehmen und weitere Verbote zu unterlassen. Die Arbeitgeberin lehnte dies ab.

Das BAG bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz (vgl. LAG Niedersachsen, Beschluss vom 13.10.2022 – 3 TaBV 24/22). Es bestehe kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Die Weisung der Arbeitgeberin betreffe in diesem Fall das Arbeitsverhalten der Beschäftigten. Wer sein Handy privat nutze, könne unstreitig keine Arbeitsleistung erbringen. Insofern sei zumindest überwiegend das Arbeitsverhalten betroffen. Dies stehe nicht im Widerspruch zur Entscheidung zum Verbot des Radiohörens im Betrieb (BAG, Beschluss vom 14. Januar 1986 - 1 ABR 75/8). Beim Radiohören sei nach dem überwiegenden Regelungszweck das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betroffen und die Arbeitsleistung könne dennoch erbracht werden, sodass nicht zwangsläufig ein Verstoß gegen die Arbeitspflicht vorliege. Darüber hinaus könne das Radiohören die betriebliche Ordnung tangieren, weil es die Beschäftigten akustisch störe. Die private Handynutzung störe die betriebliche Ordnung dagegen grundsätzlich nicht, weshalb sie nicht die Zusammenarbeit der Beschäftigten im Betrieb berühre.

Die Entscheidung des BAG, die aktuell erst als Pressemitteilung vorliegt, hat eine sehr hohe Praxisrelevanz. Sie offenbart die kleine, in ihrer Auswirkung jedoch erhebliche Unterscheidung zwischen einem mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten und einem mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten im Betrieb. Gleichzeitig werden auch die Grenzen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats konturiert. Es wird aufgezeigt, dass Arbeitgeber im Alleingang ein Nutzungsverbot ohne Mitwirkung des Betriebsrats verhängen können, sofern die Arbeitsleistung der Beschäftigten darunter leidet.

Die Grundsatzentscheidung des BAG bezieht sich jedoch nur auf die Frage, ob der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Verhängung eines Verbots der Smartphone-Nutzung am Arbeitsplatz hat. Davon unabhängig bleibt jedoch die Frage offen, ob das Verbot der Smartphone-Nutzung am Arbeitsplatz gegenüber den Beschäftigten arbeitsvertraglich standhält. Diese Frage hängt primär davon ab, ob die entsprechende Arbeitgeberweisung im konkreten Fall billigem Ermessen entspricht.

Cornelia-Cristina Scupra

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1.6 Auswirkungen der erwerberseitigen Vergütungsstruktur auf fortgeltende Versorgungszusagen mit Endgehaltsbezug

Versorgungszusagen gehen im Zuge eines Betriebsübergangs so auf den Erwerber über, wie sie zugesagt worden sind. Das BAG hat mit einer Entscheidung vom 09.05.2023 – 3 AZR 174/2 seine Rechtsprechung gefestigt, nach der endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen durch einen Betriebsübergang nicht fixiert oder festgeschrieben werden. Je nach Vergütungsstruktur auf Erwerberseite kann dies weitreichende Folgen haben.

Der Kläger war seit 1988 bei den Rechtsvorgängerinnen und infolge eines Betriebsübergangs seit 2017 bei der Beklagten beschäftigt. Eine der Rechtsvorgängerinnen hatte dem Kläger – lange vor dem Betriebsübergang– eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt. Maßgeblich für die Ermittlung der monatlichen Altersrente sollte das „zuletzt bezogene Monatsbruttogehalt“ ohne Berücksichtigung von Boni oder Zulagen sein. Der Kläger erhielt – wiederum vor dem Betriebsübergang – eine Zusage auf eine 13. Monatsrente als „Weihnachtszuwendung“. Nachdem die Bruttojahresgrundvergütung des Klägers von dreizehn auf zwölf Bruttomonatsgrundgehälter umgelegt und zudem im Jahr 2011 durch die Umwandlung einer nicht als versorgungsfähigen Bonuskomponente erhöht worden war, ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

Die Beklagte integrierte die Arbeitnehmer in ihre bestehende Vergütungsstruktur, die kein 13. Monatsgehalt oder Boni vorsah. Die Parteien schlossen einen neuen Arbeitsvertrag, der eine erhöhte Bruttomonatsgrundvergütung zwecks Kompensation der entfallenden Vergütungsbestandteile regelte. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab Rentenbeginn eine im Verhältnis der Bruttomonatsgrundvergütungen vor und nach dem Betriebsübergang reduzierte monatliche Altersrente, wogegen der Kläger sich erfolgreich wehrte. Das BAG sprach ihm eine höhere monatliche Altersrente auf Grundlage von 13. Monatsrenten zu.

Nach Ansicht des BAG sei die endgehaltsbezogene Versorgungszusage derart auszulegen, dass die Höhe der monatlichen Altersrente anhand der unmittelbar vor dem Rentenbeginn gewährten Bruttomonatsgrundvergütung zu berechnen sei. Der vollzogene Betriebsübergang führe zu keinem anderem Ergebnis, da die Versorgungszusage – so wie sie inhaltlich zugesagt worden sei – auf den Betriebserwerber übergehe und kein Betriebsübergang in der Insolvenz vorgelegen habe. Der Betriebsübergang löse für die endgehaltsbezogenen Leistungen keine Fixierung etwa im Zeitpunkt des Betriebsübergangs aus. Eine ausnahmsweise Abweichung von diesem Grundsatz käme lediglich in Betracht, wenn die endgehaltsbezogenen Berechnungsgrundlagen derart spezifisch auf den Veräußerer zugeschnitten gewesen seien, dass sie auf Seiten des Betriebserwerbers kein Pendant fänden. Die Berechnung der monatlichen Altersrente auf Grundlage von dreizehn Monatsrenten basiere unmittelbar darauf, dass der Kläger vor dem Betriebsübergang eine eigenständige Versorgungszusage auf eine „Weihnachtszuwendung“ erhalten habe, die auf die Beklagte übergegangen sei.

Die Entscheidung verdeutlicht, wie sorgfältig im Falle von restrukturierungs- oder transaktionsbedingten Betriebsübergängen die Auswirkungen einer Harmonisierung der Vergütungsstrukturen auf Erwerberseite und etwaige unerwünschte Wechselwirkungen von übergegangenen Versorgungszusagen geprüft werden sollten. Andernfalls drohen finanzielle Nachforderungen der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer nach Renteneintritt.

Moritz Coché

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1.7 Neues zur Zustellung von Kündigungsschreiben

Wird ein Kündigungsschreiben per Einwurf-Einschreiben übersendet, spricht der Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Zugang des Schreibens beim Empfänger. Übermittelt der Arbeitgeber das Einwurf-Einschreiben mittels der Deutschen Post AG (und nicht mittels eines anderen Versanddienstleisters), so wird sogar eine Zustellung am gleichen Tag angenommen. Denn der Arbeitnehmer hat noch am Tag des Einwurfs die Möglichkeit, Kenntnis von der Kündigung zu erlangen, so das LAG Nürnberg (Urteil vom 15.01.2023 – 5 Sa 1/23).

Die Klägerin war bei der Beklagten als Zahnärztin beschäftigt. Arbeitsvertraglich hatten die Parteien eine vierteljährliche Kündigungsfrist vereinbart. Mit Schreiben vom 28.09.2021 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.12.2021. Das Kündigungsschreiben wurde der Klägerin entsprechend dem Zustellungsnachweis der Deutschen Post AG am 30.09.2021 übermittelt.

Die Klägerin begehrte erstinstanzlich festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.2021, sondern erst zum 31.03.2022 endete. Das zuständige ArbG Nürnberg wies die Klage ab. Es vertrat die Auffassung, dass die Beklagte durch das Kündigungsschreiben die Kündigungsfrist für eine Kündigung zum 31.12.2021 gewahrt habe. Das LAG Nürnberg bestätigte diese Rechtseinschätzung in der Berufungsinstanz. Das Kündigungsschreiben sei der Klägerin am 30.09.2021 zugegangen. Damit eine ordentliche Kündigung wirksam werde, müsse diese dem Arbeitnehmer zugehen (vgl. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei müsse grundsätzlich der Arbeitgeber den Zugang des Kündigungsschreibens darlegen und beweisen. Werde ein Kündigungsschreiben per Einwurf-Einschreiben übersendet und lege der Absender den Einlieferungsbeleg und die Reproduktion des Auslieferungsbeleges mit der Unterschrift des Zustellers vor, spreche der Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Zugang des Schreibens beim Empfänger. Erfolge die Zustellung durch einen Mitarbeiter der Deutschen Post AG und nicht durch einen anderen Versanddienstleister, könne dabei grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Mitarbeiter die Zustellungen im Rahmen seiner ihm zugewiesenen Arbeitszeiten vornehme. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung sei damit zu rechnen, dass bei Hausbriefkästen im Allgemeinen eine Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten, d. h. am gleichen Tag, erfolge.

Das LAG befindet sich mit seiner Einschätzung auf der Rechtsprechungslinie des BAG. Überraschend und „neu“ ist die Einschätzung des LAG, dass bei einer Zustellung durch die Deutsche Post AG auch ein Zugang am gleichen Tag bewirkt werden könne. Das LAG ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage die Revision zum BAG zu. Eine endgültige Entscheidung, mit der Mitte 2024 zu rechnen ist, bleibt abzuwarten. Arbeitgeber sollten Kündigungsschreiben weiterhin durch Einwurf-Einschreiben zustellen. Sie sind zudem gut beraten, auf die Zustellung mittels der Deutschen Post AG – und nicht auf andere Versanddienstleister – zurückzugreifen. Arbeitgeber sollten sich allerdings bis zu einer endgültigen Entscheidung durch das BAG nicht darauf verlassen, dass ein Zugang stets noch am gleichen Tag erfolgt, und daher sicherheitshalber die Zustellung ein oder zwei Tage vor dem relevanten Sichtig anstreben.

Fatoumata Kaba

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1.8 Schadensersatz wegen unerlaubter Verwendung von Bildmaterial eines ehemaligen Mitarbeiters

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind Arbeitgeber verpflichtet, Bildmaterial des ausscheidenden Arbeitnehmers, das während seines Arbeitsverhältnisses angefertigt wurde, zu löschen. Die weitere Verwendung des Materials ohne Einwilligung zu kommerziellen Zwecken stellt eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung dar und kann den Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz i. H. v. 10.000 Euro verpflichten (LAG Baden-Württemberg vom 27.07.2023 – 3 Sa 33/22).

Der Kläger macht unter anderem einen Schadensersatzanspruch wegen weiterer Verwendung von Foto- und Videoaufnahmen nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses geltend. Der Kläger war bis April 2019 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Werbetechnikbranche, angestellt und leitete dort u. a. Schulungen im Bereich Folierung. Während des Arbeitsverhältnisses hatte die Beklagte vom Kläger – mit dessen Einverständnis – zahlreiche Fotos und ein ca. vierminütiges Werbevideo, das den Kläger als Schulungsleiter im Betrieb der Beklagten zeigte, angefertigt. Dieses verwendete die Beklagte sodann, um die vom Kläger durchgeführten Schulungen im Internet zu bewerben. Nach dem Ausscheiden des Klägers verwendete die Beklagte die Fotos und Videos zunächst weiter, ohne sich dessen Zustimmung einzuholen. Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin mehrfach auf, das Bildmaterial zu löschen. Dem kam die Beklagte erst im Februar 2020, und damit fast neun Monate nach seinem Ausscheiden, vollumfänglich nach.

Das erstinstanzlich erkennende ArbG Pforzheim sprach dem Kläger zunächst einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.000 Euro zu. Dagegen legte der Kläger Berufung ein. Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg ist die Beklagte aufgrund der weiteren Nutzung des Bildmaterials nach Ausscheiden des Klägers ohne dessen Zustimmung gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Das Einverständnis in die Veröffentlichung des Bildmaterials, das der Kläger einst während des laufenden Arbeitsverhältnisses erteilt habe, reiche nicht über dessen Beendigungszeitpunkt hinaus. Die Beklagte sei daher gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO zur Löschung verpflichtet gewesen und dieser Pflicht trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachgekommen, sodass eine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vorliege. Für die Höhe der Entschädigung sei zulasten der Beklagten insbesondere zu berücksichtigen, dass diese das Bildmaterial zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen verwendete. In solchen Fällen solle von der Höhe der Entschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen. Vor diesem Hintergrund kommt das LAG Baden-Württemberg zu dem Ergebnis, dass dem Kläger sogar eine wesentlich höhere Geldentschädigung, nämlich in Höhe von 10.000 Euro, zu zahlen sei.

Die Entscheidung zeigt, dass das aus der DSGVO bekannte „Recht zum Vergessenwerden“ auch im Arbeitsverhältnis von beachtlicher Relevanz ist. Arbeitgeber sollten daher darauf achten, klare Regelungen über den Umgang mit Bildmaterial und den Umfang der Nutzung zu treffen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich dabei um Bildmaterial handelt, das Werbezwecken dient. Im Zweifel ist nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Bildmaterial des ausscheidenden Arbeitnehmers zu löschen. Alternativ kann die Einwilligung des Beschäftigten zur Weiternutzung eingeholt werden. In letzterem Fall ist allerdings zu beachten, dass der Beschäftigte gemäß Art. 7 Abs. 3 Satz 1 DSGVO seine Einwilligung jederzeit widerrufen kann.

Marina Lindner

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1.9 Handlungsspielraum bei Verurteilung zur (vorläufigen) Weiterbeschäftigung 

Nahezu jedes Unternehmen steht irgendwann vor dieser Situation: Die Kündigungsschutzklage eines Beschäftigten war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich und mit ihr der zeitgleich erhobene Antrag auf Weiterbeschäftigung „zu unveränderten Bedingungen“ bis zur rechtskräftigen Beendigung des laufenden Rechtsstreits. Aufgrund der Besonderheiten in der arbeitsgerichtlichen Prozessordnung kann dieser Weiterbeschäftigungsanspruch durch den Beschäftigten trotz fehlender Rechtskraft des Urteils unmittelbar mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen das Unternehmen durchgesetzt werden, auch wenn dieses das erstinstanzliche Urteil angreift und Berufung einlegt. Eine (vorläufige) Rückkehr des Beschäftigten auf den alten Arbeitsplatz bringt nicht wenige Unternehmen in Schwierigkeiten. Allerdings können Unternehmen auch in dieser Situation taktische Handlungsspielräume nutzen.

Der Kläger war laut Arbeitsvertrag als Oberarzt in einer Klinik für Psychiatrie eingestellt und als solcher in der psychiatrischen Ambulanz der Klinik tätig. Die Klinik kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem Vorwurf schwerer Behandlungsfehler fristlos. Das Arbeitsgericht stellte die Unwirksamkeit der Kündigung fest und verurteilte die Arbeitgeberin auf entsprechenden Antrag des Klägers zur Weiterbeschäftigung als Oberarzt in der psychiatrischen Ambulanz zu unveränderten Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Die Arbeitgeberin legte Berufung gegen das Urteil ein. Während des laufenden Berufungsverfahrens wies die Arbeitgeberin dem Kläger Tätigkeiten als Oberarzt in der von ihr ebenfalls betriebenen psychiatrischen Tagesklinik zu, die vier Kilometer entfernt von der Hauptklinik lag. Der Kläger betrieb dagegen die Zwangsvollstreckung aus dem nicht rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichtes und verlangte die Weiterbeschäftigung als Oberarzt in der psychiatrischen Ambulanz. Dagegen wandte sich die Arbeitgeberin und beantragte die Einstellung der Zwangsvollstreckung, da sie dem (vorläufigen) Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers mit der Zuweisung der anderen Tätigkeit nachgekommen sei.

Das LAG Hamm bestätigte diese Auffassung (Beschluss vom 15.05.2023 – 18 Sa 1195/22). Mit einem Urteil über die (vorläufige) Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen werde das der Arbeitgeberin grundsätzlich zustehende arbeitsvertragliche Weisungsrecht nicht eingeschränkt, wenn die Entscheidung auf den Arbeitsvertrag Bezug nehme und dieser die Zuweisung einer anderen Tätigkeit gestatte. Insbesondere könne das Urteil die spätere Zuweisung eines anderen vertragsgerechten Arbeitsinhalts nicht verhindern, selbst wenn es eine Beschäftigung mit konkreten Inhalten vorgebe. Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sei vielmehr nur ein Ausschnitt des vertraglichen Beschäftigungsanspruchs des Beschäftigten, den die Arbeitgeberin mit Weisungen weiter konkretisieren könne.

Das LAG Hamm folgt damit der Rechtsprechung des BAG, das eine Beschränkung des (vorläufigen) Weiterbeschäftigungsanspruchs auf den in einem Urteil beschriebenen Inhalt ablehnt und den Unternehmen auch im laufenden Kündigungsschutzprozess weiterhin die Möglichkeit zur Ausübung ihres Direktionsrechts belässt. In der Praxis eröffnet dies der Arbeitgeberseite einen nicht zu unterschätzenden Gestaltungsspielraum, gerade wenn die Bereitschaft eines Klägers zur Führung von Verhandlungen über die Beendigung der Zusammenarbeit gefördert werden soll. Denn in den meisten Fällen dürfte der konkrete Arbeitsvertrag die Zuweisung unterschiedlich attraktiver Tätigkeiten zulassen.

Kathrin Vossen 

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1.10 Kein Hausverbot für Betriebsratsmitglieder – selbst bei Verdacht auf eine Straftat 

Konflikte mit dem Betriebsrat gehören zum Alltag in Betrieben und sind im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu dulden. Was passiert jedoch, wenn eine Straftat eines Betriebsratsmitglieds im Raum steht und sich der Arbeitgeber vor weiteren Verstößen schützen möchte? Ein Hausverbot für Betriebsratsmitglieder kommt nach Auffassung des LAG Hessen (Beschluss vom 28.08.2023 – 16 TaBVGa 97/23) jedenfalls nur bei gravierenden Pflichtverstößen und einem zuvor bei Gericht gestellten Antrag auf vorläufige Untersagung der Amtsausübung in Betracht.

Nach einer Betriebsratssitzung wollte der Betriebsratsvorsitzende einige Dokumente bei der Personalabteilung abgeben und deren Eingang dokumentiert wissen. Nachdem an dem Tag niemand mehr in der Personalabteilung anwesend war, um den Eingang mit einem Stempel zu versehen, stempelte der Betriebsratsvorsitzende die Unterlagen kurzerhand selbst und schob diese unter einer Tür durch. Der Arbeitgeber erstattete daraufhin Strafanzeige wegen Urkundenfälschung, leitete beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Verfahren auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat ein und sprach ihm gegenüber ein Hausverbot aus. Der Betriebsrat und sein Vorsitzender gingen gegen das Hausverbot mit einem Eilantrag gerichtlich vor.

Das LAG Hessen folgte der erstinstanzlichen Entscheidung und gab dem Antrag auf ungehinderten Zutritt des Betriebsratsvorsitzenden zu dem Gebäude des Arbeitgebers statt. Das Hausverbot verstoße gegen § 78 S. 1 BetrVG, wonach Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen. Durch das Hausverbot sei der Betriebsratsvorsitzende in rechtswidriger Weise an seiner Amtsausübung gehindert. Sofern der Arbeitgeber verhindern möchte, dass ein Betriebsratsmitglied Zugang zum Betrieb habe und seiner Tätigkeit und seinem Amt weiter nachgehe, bliebe nur die Möglichkeit, einen Antrag auf Ausschluss des Betriebsratsmitgliedes gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG vor dem Arbeitsgericht zu stellen. Bis zum rechtskräftigen Abschluss eines solchen Verfahrens bleibe das Betriebsratsmitglied aber unverändert im Amt und habe damit auch Anspruch auf ungehinderten Zugang zum Betrieb. Der Arbeitgeber dürfe einer gerichtlichen Entscheidung durch Ausspruch eines Hausverbots nicht vorgreifen. Das Hausrecht des Arbeitgebers, so stellt das LAG Hessen klar, sei immanent durch die Wahrnehmung des Betriebsratsamtes beschränkt.

Die Entscheidung verdeutlicht die Bredouille für Arbeitgeber bei gravierenden Pflichtverstößen durch Betriebsratsmitglieder. Arbeitgeber können hier nicht – wie ggf. bei anderen Arbeitnehmern – ohne Weiteres durch ein Hausverbot unmittelbar „Fakten schaffen“. Vielmehr sind sie gehalten, beim zuständigen Arbeitsgericht zunächst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Amtsausübung zu stellen. Nur wenn eine umfassende Interessenabwägung zu dem Ergebnis kommt, dass die Sicherung des Betriebsfriedens, die Interessen des Arbeitgebers oder auch die Rechte anderer Mitarbeiter dem Recht auf ungestörte Amtsausübung vorgehen, kann das Betriebsratsmitglied von seinem Amt enthoben und ihm der Zutritt zum Betrieb verweigert werden. Ein Hausverbot gegen Betriebsratsmitglieder auszusprechen ist damit nahezu unmöglich geworden und sollte auch vor dem Hintergrund einer unzulässigen strafbaren Behinderung der Betriebsratstätigkeit gem. § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gut bedacht werden.

Alexandra Groth

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1.11 Kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates bei Nutzung nicht mitbestimmter Personalfragebögen im Bewerbungsgespräch

Den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates in Zusammenhang mit Einstellungen und Versetzungen von Beschäftigten gemäß § 99 BetrVG kommt ein besonderes Gewicht zu, da der Betriebsrat hierdurch die Umsetzung der personellen Einzelmaßnahme verzögern oder sogar verhindern kann. Das LAG Düsseldorf hat nun mit Beschluss vom 02.08.2023 – 12 TaBV 46/22 entschieden, dass aus einem Verstoß gegen § 94 BetrVG nicht zwingend ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates gem. § 99 Abs. 2 BetrVG folgt.

In dem entschiedenen Fall schrieb das Unternehmen intern eine Stelle aus, auf die sich vier Mitarbeiter bewarben. Im Rahmen der Bewerbungsgespräche, die von zwei Mitarbeitenden geführt wurden, verwendete einer der beiden Interviewbögen, um sich handschriftliche Notizen zu machen. Nach Abschluss der Gespräche wurde jeweils ein neuer Interviewbogen digital ausgefüllt, der sämtliche Eindrücke der Mitarbeitenden von den Bewerbern zusammenfasste. In diesen wurden Punkte für einzelne Kriterien aufgeführt (z. B. Selbstpräsentation, Motivation, fachliche Fragen), die zu einer Gesamtpunktzahl von max. 50 führten. Ebenso befanden sich auf den Interviewbögen weitere Erläuterungen zu den einzelnen Bewerbern. Der später ausgewählte Bewerber erreichte als einziger die Höchstpunktzahl. Eine Zustimmung des Betriebsrates zur Verwendung der Interviewbögen durch das Unternehmen lag nicht vor.

Der Betriebsrat versagte der Arbeitgeberin die beantragte Zustimmung zur Versetzung des ausgewählten Bewerbers wegen angeblich unzureichender Unterrichtung. Die Zustimmung wurde im Verfahren vor dem ArbG Düsseldorf gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt. Das LAG Düsseldorf schloss sich der Auffassung des ArbG an und führte aus, dass die Verwendung nicht mitbestimmter Personalfragebögen i. S. v. § 94 BetrVG bei der Stellenbesetzung kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründet. Das Unternehmen habe seiner Unterrichtungspflicht genügt, indem sie dem Betriebsrat sämtliche eingereichten Bewerbungsunterlagen, die Informationen über den in Aussicht gestellten Arbeitsplatz, eine Begründung der getroffenen Auswahlentscheidung sowie die von den Beschäftigten im Anschluss an die Bewerbungsgespräche ausgefüllten Interviewbögen übermittelt hat. Handschriftliche Notizen, die während des Gespräches angefertigt worden waren, hätten als reine Erinnerungsstützen für die Auswahlentscheidung keine abschließende Bedeutung und seien daher nicht vorzulegen. Auch der Ansicht des Betriebsrats, dass sich das Zustimmungsverweigerungsrecht bereits daraus ergebe, dass die Personalfragebögen unter Verstoß gegen § 94 BetrVG verwendet würden, erteilte das LAG eine Absage. Diese Norm sei kein Verbotsgesetz i. S. v. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, da sie nicht darauf abziele, dass bei ihrer Verletzung die personelle Maßnahme (hier: Versetzung) zu unterbleiben habe. Ziel der Norm sei allein, dass lediglich Fragen gestellt würden, an denen der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse habe.

Das Urteil knüpft nahtlos an die bisherige Rechtsprechung des BAG zu § 95 BetrVG an, wonach ebenfalls kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats besteht, wenn hiergegen verstoßen wird. Für die arbeitgeberseitige Praxis bedeutet dies das beruhigende Signal, dass nicht jeder Verstoß gegen eine Norm des BetrVG zu einem Zustimmungsverweigerungsrecht bzw. einer Unwirksamkeit der personellen Einzelmaßnahme führt. Gleichwohl sollten die Unternehmen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ernst nehmen.

Anja Dombrowsky

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2. Rechtsentwicklungen

2.1 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes bezüglich der Betriebsratsvergütung

Bekanntermaßen hat das Urteil des BGH vom 10.01.2023 zur Frage der Untreue durch überhöhte Betriebsratsvergütung in der Praxis zu erheblichen Rechtsunsicherheiten geführt. Mehrere Unternehmen – einschließlich VW selbst – haben bereits präventiv die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern gekürzt, um einem Untreue-Vorwurf zu entgehen. Zudem sind Presseberichten zufolge vereinzelt Unternehmen mit anonymen Anzeigen und entsprechenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft konfrontiert.

Bundesminister Hubertus Heil hat vor diesem Hintergrund eine dreiköpfige Kommission unter Vorsitz von Prof. Dr. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts, sowie den Mitgliedern Ingrid Schmidt, Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts a. D. und Prof. Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und das Recht der sozialen Sicherheit, Universität Bonn, eingesetzt. Diese Kommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ hatte den Auftrag, dem BMAS Vorschläge für eine gesetzliche Regelung im BetrVG vorzulegen, die Rechtssicherheit für die Bestimmung der Vergütung von Betriebsräten schafft.

Daraufhin liegt nun ein Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vor, in dem die Bundesregierung die Kommissionsvorschläge vollständig aufgreift. Inhalt des Gesetzesentwurfs ist folgender:

Dem § 37 Absatz 4 sollen folgende Sätze angefügt werden: „Zur Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer nach Satz 1 ist auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts abzustellen, soweit nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt. Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden; Gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist.“

Dem § 78 soll folgender Satz angefügt werden: „Eine Begünstigung oder Benachteiligung liegt im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt nicht vor, wenn das Mitglied einer in Satz 1 genannten Vertretung in seiner Person die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.“

Der Gesetzentwurf beschränkt sich – auf eine teilweise Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung des BAG. Das BAG hat bereits entschieden, dass es den Betriebsparteien erlaubt ist, konkretisierende betriebliche Vereinbarungen zu § 37 Abs. 4 BetrVG zu treffen (BAG, Urteil vom 18. Januar 2017, Az. 7 AZR 205/15). Solche Regelungen müssen sich allerdings im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegen. Für die Betriebsparteien soll die gesetzliche Ergänzung Anreize setzen, die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern transparent im Voraus festzulegen. Die von der Rechtsprechung gesetzten Grenzen bleiben durch die gesetzlichen Ergänzungen unberührt. Ferner soll durch den Gesetzesentwurf klargemacht werden, dass sich die Frage der Vergütungshöhe von Betriebsratsmitgliedern nicht nur nach § 37 Abs. 4 BetrVG in Form einer Mindestvergütung, sondern eben auch nach § 78 BetrVG richtet.

Isabel Hexel

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2.2 Sozialversicherungsrechengrößen 2024

Die Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2024 tritt am 01.01.2024 in Kraft. Die wichtigsten Rechengrößen für das Jahr 2024 im Überblick:

Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt ab dem 01.01.2024 auf 7.550 Euro pro Monat (2023: 7.300 Euro/Monat) bzw. 90.600 Euro jährlich. Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt auf 7.450 Euro pro Monat (2023: 7.100 Euro/Monat) bzw. 89.400 Euro jährlich.

Beitragsbemessungsgrenze Krankenversicherung

Die bundesweit einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2024 in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 62.100 Euro jährlich (2022: 59.850 Euro) bzw. 5.175 Euro monatlich (2022: 4.987,50 Euro).

Jahresarbeitsentgeltgrenze Krankenversicherung

Die ebenfalls bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) steigt ab Januar 2024 auf 69.300 Euro (2023: 66.600 Euro).

Bezugsgröße

Die Bezugsgröße, die das Durchschnittsentgelt in Deutschland aus dem vorletzten Kalenderjahr darstellt, ist zum Beispiel zur Ermittlung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung oder zur Berechnung der Beiträge von versicherungspflichtigen Selbständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung bedeutsam. Das vorläufige Durchschnittsentgelt für das Jahr 2024 in der Rentenversicherung beträgt 45.358 Euro. Die Bezugsgröße in der Sozialversicherung 2024 steigt auf 3.535 Euro monatlich (West) und auf 3.465 Euro monatlich (Ost).

Cornelia-Cristina Scupra

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2.3 Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung

Über die Anpassung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns entscheidet nach der Konzeption des Mindestlohngesetzes (MiLoG) alle zwei Jahre eine unabhängige Kommission der Tarifpartner, die sich aus Vertretern der Arbeitgeberverbände sowie den Gewerkschaften zusammensetzt und außerdem von Wissenschaftlern beraten wird. Die Bundesregierung kann den Vorschlag der Mindestlohnkommission nur unverändert umsetzen und nicht eigenständig eine andere Höhe festsetzen.

Danach wird nun der gesetzliche Mindestlohn zum 01.01.2024 zunächst auf 12,41 € brutto je Zeitstunde angehoben und steigt in einem weiteren Schritt zum 01.01.2025 auf 12,82 € brutto je Zeitstunde.

Die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung soll zum 01.01.2024 in Kraft treten und setzt den Beschluss der Mindestlohnkommission vom 26.06.2023 rechtsverbindlich um.

Isabel Hexel

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2.4 Die Uhr tickt: Fristen zu Einführung des Hinweisgeberschutzsystems enden am 17. Dezember 2023

Jetzt besteht die letzte Chance zur vollständigen Umsetzung des Hinweisgeberschutzsystems – im Dezember laufen gleich zwei wichtige Fristen ab. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, die noch keine Meldestelle eingerichtet haben, müssen ab dem 01.12.2023 mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 20.000 Euro rechnen. Für kleine Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten läuft hingegen am 17.12.2023die Schonfrist zur Einrichtung der internen Meldestelle ab.

Seit dem Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes am 03.06.2023 sind Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet. Bei dieser können alle Personen Informationen über Verstöße melden, die sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erlangt haben. Die Meldestelle muss Drittfirmen, Handwerkern oder Zulieferern also genauso zugängig sein wie den eigenen Beschäftigen.

Während viele Unternehmen dies schnell umsetzten, ruhen sich einige darauf aus, dass die entsprechenden Bußgeldvorschriften erst stäter Inkrafttreten. Diese Toleranzzeit endet nun am 1. Dezember 2023 und es drohen gemäß § 40 HinSchG Bußgelder in Höhe von 20.000 Euro. Höchste Zeit also die Implementierung zu überprüfen und gegebenenfalls Lücken nachzubessern.

Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten waren vom kurzfristigen Inkrafttreten der Vorschriften zu nächst ausgenommen. Für sie gelten die Anforderungen erst ab dem 17.12.2023. Dennoch sollten sich kleine Unternehmen schnellstmöglich um die Einrichtung des Systems kümmern, denn die Bußgelder drohen solch kleineren Unternehmen bereits am Tag des Inkrafttretens.

Unterhalb von 50 regelmäßig Beschäftigten muss kein Hinweisgeberschutzsystem etabliert werden. Bei dieser Grenze muss jedoch aufgepasst werden: gezählt wird nach Köpfen, nicht nach Beschäftigungsgrad. Teilzeitkräfte zählen also genauso wie Vollzeitkräfte. Neben Arbeitnehmern sind auch Auszubildende, Heimarbeiter, arbeitnehmerähnliche Personen, Menschen mit Behinderungen, Beamte, Richter und Soldaten umfasst. Die Beschäftigung von „in der Regel“ mindestens 50 Beschäftigten bedeutet, dass es für die Zählung nicht auf einen starren Zeitpunkt ankommt. Stattdessen wird die regelmäßige Beschäftigtenzahl mit einem Rückblick auf die bisherigere personelle Situation und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ermittelt. Unternehmen, die knapp an dieser Grenze liegen, sollten eine Ausnahme vom Hinweisgeberschutzgesetz sorgfältig prüfen.

Besteht noch kein internes Meldesystem, ist ein solches schnellstmöglich rechtskonform einzurichten. Sollten Sie dabei Unterstützung benötigen, setzen Sie sich gerne dazu mit uns in Verbindung.

Isabel Hexel

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