EU verabschiedet 9. Sanktionspaket gegen Russland

Als Reaktion auf gezielte Angriffe Russlands gegen Zivilisten und zivile Infrastruktur in der Ukraine will die Europäische Union den Druck auf Russland mit dem neunten Sanktionspaket weiter erhöhen. Das Paket ist am 17. Dezember 2022 in Kraft getreten und ergänzt die bisherigen Sanktionen. 

Auf einen Blick vorab: Was sollten Unternehmen jetzt tun?

  • Für alle Geschäftspartner sollte eine aktuelle Sanktionslistenprüfung durchgeführt werden.
  • Unternehmen mit Russlandgeschäft müssen umgehend prüfen, ob und inwieweit die Ausfuhr von Gütern, die Erbringung von Dienstleistungen oder die Tätigung von Investitionen von den neuen Sanktionen betroffen sind.
  • Zudem sollten Unternehmen, die Dienstleistungen in den Bereichen Markt- und Meinungsforschung sowie Werbung erbringen, prüfen, ob die neuen Dienstleistungsverbote auf sie anwendbar sind.
  • Kreditinstitute müssen ihrer neuen Mitteilungspflicht im Hinblick auf 100.000 Euro übersteigende Einlagen bestimmter juristischer Personen mit Russlandbezug nachkommen. Hier sind die jeweiligen Eigentumsverhältnisse der Einrichtungen genau zu untersuchen, da auch die mittelbare Kontrolle durch russische Staatsangehörige zu einer Mitteilungspflicht führt.

Neue Sanktionierung von Personen, Unternehmen und Organisationen

Die Liste der sanktionierten Personen in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 wurde erneut erweitert: Insgesamt wurden knapp 140 Personen und 50 Einrichtungen der Liste hinzugefügt. Erfasst werden unter anderem die russischen Streitkräfte, einzelne Offiziere, Mitglieder der Duma und des Föderationsrates sowie diverse politische Akteure und Parteien. Darüber hinaus hat die EU zahlreiche Unternehmen der Verteidigungsindustrie, die die russischen Streitkräfte mit Waffen, Munition sowie anderer Ausrüstung versorgen, zur Sanktionsliste hinzugefügt. Damit ist es verboten, diesen Personen und Einrichtungen direkt oder indirekt wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Zudem werden ihre Vermögenswerte eingefroren.

Ausnahmen möglich

Nationale Behörden können eine Ausnahme vom Bereitstellungsverbot gegenüber sanktionierten Personen genehmigen, wenn Gelder für den Kauf, die Einfuhr oder den Transport von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln — einschließlich Weizen und Düngemitteln — oder für den Wind-Down bestehender Geschäfte erforderlich sind.

Hintergrund dieser Ausnahmebestimmung ist, dass russische Exporte von Lebens- und Düngemitteln zwar von den Sanktionen ausgenommen sind. Durch die Listung einiger Unternehmer sind entsprechende Lieferungen allerdings erschwert worden. Die gelisteten Unternehmer konnten nämlich nicht auf ihre Vermögenswerte in der EU zurückgreifen, um etwa Hafengebühren in europäischen Häfen zu bezahlen.

Zwei weitere Banken auf Sanktionsliste

Mit der Credit Bank of Moscow sowie der Dalnevostochny Bank hat die EU zudem zwei weitere Banken in ihre Sanktionsliste aufgenommen. Damit gilt nun über die bisherigen Finanzmarktsanktionen hinaus ein generelles Verbot, mit diesen Banken Geschäfte zu machen.

Neue Exportverbote

Auch wurden weitere Güter auf die Sanktionsliste gesetzt, die für die Kriegsführung genutzt werden könnten. Sie unterfallen damit nun ebenfalls Ausfuhrkontrollen und -verboten. Betroffen sind insbesondere weitere Güter mit doppeltem Verwendungszweck wie Flugzeugtriebwerke und ihre Bestandteile, Generatoren, Spielzeugdrohnen, Laptops, Festplatten, IT-Komponenten, Nachtsicht- und Funknavigationsausrüstung, Kameras und Linsen, Nervengifte und chemische Grundstoffe.

Hier ist insbesondere zu beachten, dass für den Export bestimmter Güter, wie etwa Drohnenantriebe und bestimmte elektronische Komponenten, keine Übergangszeiträume im Hinblick auf die Abwicklung bereits bestehender Verträge bestehen.

Neue Ausnahme für die Rückabwicklung bestehender Verträge

Um den Rückzug von EU-Wirtschaftsbeteiligten vom russischen Markt zu erleichtern, wurde eine vorübergehende Ausnahme von Einfuhr- und Ausfuhrverboten der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 eingeführt. Diese Ausnahmeregelung ist befristet und in ihrem Umfang beschränkt, indem sie den Verkauf, die Lieferung oder die Verbringung solcher Güter oder ihre Einfuhr in die Union bis zum 30. September 2023 ermöglicht, und gilt nur für Güter, die noch im Eigentum der EU-Personen stehen und sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der betreffenden Verbote bereits physisch in Russland befanden.

Um diese Ausnahme zu nutzen, muss ein entsprechender Genehmigungsantrag an die zuständige nationale Behörde, in Deutschland also das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), gestellt werden.

Weitere Maßnahmen

Um russische Propaganda ins Visier zu nehmen, wurde vier neuen Medienkanälen die Sendeerlaubnis entzogen. Der Zugang zu sämtlichen alternativen Plattformen ist ihnen ebenfalls verwehrt.

Auch wird das Verbot ergänzt, bestimmte Dienstleistungen zugunsten der russischen Regierung und in Russland niedergelassener juristischer Personen zu erbringen: Nunmehr sind auch Dienstleistungen in den Bereichen Markt- und Meinungsforschung sowie Werbung untersagt. Ausnahmen bestehen allerdings u. a. für vor dem 17. Dezember 2022 geschlossene Verträge. Zudem können die nationalen Behörden Dienstleistungen in diesen Bereichen für bestimmte Zwecke genehmigen, u. a. die Förderung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten zur direkten Förderung der Demokratie.

Außerdem wurde das bereits bestehende Verbot ausgebaut, in den russischen Energiesektor zu investieren. Ab jetzt sind auch Investitionen in den russischen Bergbausektor verboten, mit Ausnahme von Tätigkeiten im Bereich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, die bestimmte kritische Rohstoffe betreffen.

Es wird ab dem 16. Januar 2023 Staatsangehörigen der Union untersagt, Posten in den Leitungsgremien aller staatseigenen oder staatlich kontrollierten Unternehmen zu bekleiden, ebenso wie in Einrichtungen Russlands sowie bei bestimmten Joint Ventures und Unternehmen im Energiesektor, die in Russland niedergelassen sind. Ausnahmemöglichkeiten bestehen, wenn etwa das betreffende Unternehmen ein Joint Venture eines EU-Unternehmens ist.

Zudem hat die EU das Verbot verschärft, mit staatseigenen russischen Einrichtungen keine Transaktionen vornehmen zu dürfen. Dieses Verbot gilt auch für Transaktionen mit der staatlichen Bank für Regionalentwicklung.

Schließlich hat die EU die für Kreditinstitute geltenden Mitteilungspflichten ergänzt: Bis zum 27. Mai 2023 müssen Kreditinstitute der jeweils national zuständigen Behörde oder der EU-Kommission eine Liste der 100.000 Euro übersteigenden Einlagen von juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen übermitteln, wenn diese außerhalb der Union niedergelassen sind und ihre Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von russischen Staatsangehörigen oder in Russland ansässigen natürlichen Personen gehalten werden. Alle zwölf Monate muss die Liste aktualisiert werden.

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Stephan Müller

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