Bundestag beschließt Hinweisgeberschutzgesetz

Der Bundestag hat am 16. Dezember 2022 – und damit genau drei Jahre nach Inkrafttreten der EU-Whistleblower-Richtlinie – das neue, längst überfällige Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) beschlossen. Zuvor hatte der Rechtsausschuss den Gesetzesentwurf noch in letzter Minute maßgeblich geändert.

Im Vergleich zum ursprünglichen Referentenentwurf (siehe hierzu unseren Beitrag vom 14. April 2022) beinhaltet das HinSchG kurzfristig die folgenden Änderungen:

  • Bisher war die Entgegennahme anonymer Hinweise nicht verpflichtend. Der Bundestag hat nun beschlossen, dass sowohl interne als auch externe Meldestellen bzw. Meldekanäle anonyme Meldungen erfassen müssen. Zudem muss die Kommunikation mit der hinweisgebenden Person deren Anonymität gewährleisten. Das HinSchG sieht eine zusätzliche Umsetzungsfrist bis zum 1. Januar 2025 vor, um die Anonymität im Meldekanal umzusetzen. 
  • Die Beschäftigungsgeber sollen Anreize dafür setzen, dass hinweisgebende Personen sich zunächst an die interne Meldestelle wenden, bevor sie eine externe Meldestelle des Bundes oder des Landes kontaktieren. Zwar haben die Meldenden weiterhin die freie Wahl zwischen interner und externer Meldestelle. Jedoch können dadurch etwaige Meldungen zunächst intern sorgfältig untersucht werden und externe Meldestellen im Rahmen einer weiteren Aufklärung auf die internen Untersuchungen zurückgreifen.
  • Schließlich sollen hinweisgebende Personen im Fall von verbotenen Repressalien sowohl materiellen als auch immateriellen Schadensersatz, z.B. für eine durch den Beschäftigungsgeber verursachte Rufschädigung, verlangen können.
  • Angesichts der jüngsten „Reichsbürger-Razzia“ sind Äußerungen von Beamtinnen und Beamten aufgenommen worden, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen. Damit ist der Anwendungsbereich im Vergleich zu den EU-Vorgaben nochmals erweitert worden. Bereits mit der Aufnahme von Meldungen über Straftaten jeder Art und schwere Ordnungswidrigkeiten, war der Entwurf über die EU-Vorgaben hinausgegangen. Originär vorgesehen waren nur Verstöße gegen EU-Recht und gegen auf EU-Recht beruhendes nationales Recht.

Update vom 10.02.2023:

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Plenarsitzung dem Gesetzesentwurf insbesondere aufgrund der vorstehenden Änderungen nicht zugestimmt. Die für die Ablehnung maßgebliche Kritik der unionsgeführten Länder geht vor allem auf die überschießende Umsetzung der EU-Richtlinie zurück, bspw. die Pflicht interner und externer Meldestellen, auch anonyme Meldungen erfassen zu müssen. Gleichzeitig rügten sie eine erhöhte Missbrauchsgefahr sowie zu viel Bürokratie.

Es wird nun voraussichtlich der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag eingeschaltet. Das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes dürfte sich somit um weitere Monate verzögern und nicht vor Beginn der zweiten Jahreshälfte zu erwarten sein. Bereits Anfang 2022 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Nach der EU-Whistleblower-Richtlinie hätte eine Umsetzung bereits zum 17.12.2021 erfolgen müssen.  

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Isabel Hexel

Isabel Hexel

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