Digital Business17.07.2023 Newsletter

Markenschutz im Metaverse

Wie bereits in einem früheren Beitrag im Rahmen unserer Metaverse-Reihe haben wir uns mit dem Vertrieb digitaler Produkte auseinandergesetzt.
In diesem Zusammenhang stellt sich unweigerlich die Frage, ob und wie Marken im Metaverse geschützt werden können. Für die Anwendung des Markenrechts ist in Bezug auf dieses Thema noch vieles unklar. Die bislang durch Gesetz und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze lassen sich nur bedingt auf dieses noch recht unbekannte Feld übertragen. Der nachfolgende Beitrag erläutert, inwieweit der Markenschutz aus der realen Welt auch im virtuellen Raum gilt und welche Bedeutung dies für zukünftige Markenstrategie von Unternehmen hat.

1. Entstehung des Markenschutzes im Metaverse

Das Markengesetz sieht verschiedene Möglichkeiten vor, wie Markenschutz erlangt werden kann. Durch die Eintragung einer Marke in die einschlägigen Register (§ 4 Nr. 1 MarkenG); durch Verkehrsgeltung infolge intensiver Nutzung eines Zeichens im Geschäftsverkehr (§ 4 Nr. 2 MarkenG) oder durch allgemeine Bekanntheit (§ 4 Nr. 3 MarkenG). Im Hinblick auf das Metaverse sind in den genannten Fällen verschiedene Besonderheiten zu beachten, die nachfolgend näher beleuchtet werden.

  • Anmeldung

    Eine Möglichkeit zur Erlangung von Markenschutz ist die Eintragung im Markenregister. Bei jeder Anmeldung muss ein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis angegeben werden. In diesem Rahmen stellt sich die Frage, von welchen Klassen virtuelle Waren und Dienstleistungen eigentlich umfasst sind. Aufgrund der zunehmenden Anzahl von Anmeldungen, die Begriffe mit virtuellen Waren und Non-Fungible-Tokens (NFT) enthalten, hat das Europäische Patent- und Markenamt (EUIPO) Ansätze für Klassifizierungszwecke veröffentlicht (Quelle). Danach sind virtuelle Waren grundsätzlich in Klasse 9 der Nizza-Klassifikation einzutragen. Virtuelle Dienstleistungen sollen nach den festgelegten Grundsätzen für die Klassifizierung von Dienstleistungen behandelt werden, also typischerweise in den Klassen 35 und 41 eingetragen werden. Zu beachten sei dabei, dass dem Begriff „virtuelle Waren“ in Alleinstellung keine ausreichende Klarheit zukomme. Bei der Markenanmeldung muss daher der Inhalt, auf den sich die jeweilige virtuelle Ware bezieht, mit angegeben werden. Folglich ordnet das EUIPO die virtuellen Waren nicht in den Klassen ein, denen die entsprechende physische Ware zuzuordnen wäre. Dies beruht auf der durch die Nizza-Klassifikation vorgegebene Trennung von Digitalem und Physischem.
     
  • Nutzung

    Markenschutz kann auch durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr entstehen, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke sog. Verkehrsgeltung erlangt hat. Erforderlich sind sowohl die Nutzung der Marke im Inland als auch eine dadurch erworbene Verkehrsgeltung. Wann diese Voraussetzungen gegeben sind, ist im Kontext des Metaverses nicht unproblematisch. Die Benutzung setzt den Gebrauch des Zeichens voraus, für welches der Markenschutz beansprucht wird. Wenn Markenschutz hinsichtlich einer virtuellen Ware beansprucht wird, ist es deshalb erforderlich, dass eine Benutzung in der virtuellen Welt – im Metaverse – stattfindet. Eine Benutzung in der realen Welt ist nicht erforderlich. Außerdem ist es notwendig, dass die Marke Verkehrsgeltung erlangt, also die relevanten Verkehrskreise das Zeichen kennen und als Marke verstehen. Im Hinblick auf virtuelle Produkte, die ausschließlich im Metaverse stattfinden, wird sich der relevante Verkehrskreis also aus den Nutzern des Metaverses zusammensetzen. Erforderlich ist, dass ein nicht unerheblicher Teil des jeweiligen Verkehrskreises eine Verbindung zwischen dem Zeichen und dem Markeninhaber herstellt.

    Die Entstehung von Markenschutz durch Zeichennutzung setzt darüber hinaus eine Benutzung im inländischen Geschäftsverkehr voraus. Beim Metaverse ist die Bestimmung des inländischen Geschäftsverkehrs jedoch problematisch. Das Metaverse ist von überall erreichbar. Weil sich dieses Problem auch schon beim Markenschutz im Internet gestellt hat, können die dort entwickelten Grundsätze zumindest teilweise übertragen werden. Es ist anerkannt, dass der Inlandsbezug anhand eines Kriterienkataloges zu prüfen ist. Es muss ein sog. „commercial effect“ im Inland vorliegen. In die Abwägung miteinbezogen werden, kann beispielsweise, ob die entsprechenden Produkte nach Deutschland geliefert, und die Preise in Euro angegeben werden sowie ob deutsche Kontaktmöglichkeiten angegeben sind.

    Diese Kriterien sind im Hinblick auf die Bestimmung eines Inlandsbezuges im Metaverse jedoch nur bedingt geeignet. So würde bei Zugrundelegung eines Bildes, kein Bezug zu einem bestimmten Land hergestellt werden können, in dem das Metaverse von jedem Ort erreichbar, ausschließlich auf englischer Sprache gestaltet und die Bezahlung nur mit Kryptowährung vorgesehen ist. Zudem kommt es beim Erwerb von Waren über das Metaverse nicht zu einer tatsächlichen, physischen Lieferung. Vielmehr wird lediglich der Avatar in der virtuellen Welt beliefert, dem kein Standort in der realen Welt zugeordnet werden kann. Dies stellt den Gesetzgeber und die Rechtsprechung vor neue Herausforderungen.
     
  • Bekanntheit

    Schließlich ist die notorische Bekanntheit im Markenrecht als Schutzentstehungstatbestand vorgesehen. Hierfür kommt es auf eine notorische Bekanntheit im Inland an. Nicht erforderlich ist aber die inländische Benutzung. Von der Rechtsprechung wird eine „allgemeine Bekanntheit“ gefordert, die bei deutlich über 50 % angesetzt wird. Im Vergleich zu den Schwierigkeiten bei der Bestimmung der inländischen Nutzung, dürfte sich die Feststellung einer inländischen Bekanntheit also einfacher darstellen. Es wird zwar eine höhere Bekanntheit vorausgesetzt, im Hinblick auf die Markenschutzentstehung im Metaverse dürfte diese Variante dennoch eine nicht unbedeutende Rolle spielen.

     

2. Schutz einer bestehenden Marke im Metaverse

Bei einem bereits bestehenden Markenschutz stellt sich die Frage, ob, wann und wie gegen etwaige Markenverletzungen vorgegangen werden kann, insbesondere, wann eine Markenverletzung anzunehmen ist. Voraussetzung der Markenverletzung ist zunächst der Eingriff in den Schutzbereich, also eine markenmäßige Benutzung des geschützten Zeichens.

Die markenmäßige Benutzung setzt grundsätzlich die Benutzung des Zeichens zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen voraus. Dies gilt im Internet ebenso wie in der realen physischen Welt. Mit Blick auf das Metaverse, das nach seinem Zweck ein virtuelles Abbild der physischen Welt darstellen soll, kommt die Frage auf, inwiefern die Benutzung geschützter Zeichen dort eine markenmäßige Benutzung darstellt. Im Metaverse geht es hauptsächlich um solche Waren und Dienstleistungen, die rein virtuell angeboten werden. Die Überlegungen, die auch bei physischen Waren und Dienstleistungen angestellt werden, lassen sich insoweit auf die virtuelle Nutzung übertragen. Fragwürdig ist, ob sich die Verkehrsanschauung, die sich hinsichtlich einer physischen Warengruppen entwickelt hat, auch auf die entsprechende virtuelle Ware übertragen lässt. Diese Frage ist bislang jedoch ungeklärt und lässt sich noch nicht abschließend beantworten. Zu beachten ist in jedem Falle, dass im Markenrecht das Territorialitätsprinzip gilt: Das heißt, die Rechte des geistigen Eigentums gelten nur innerhalb des Staates, der sie erteilt oder anerkannt hat. Dadurch wird auch an dieser Stelle das bereits oben aufgezeigte Problem des Inlandsbezuges relevant. Denn bei bestehendem Schutz in Deutschland kann eine Markenverletzung beispielsweise in den USA nicht angegriffen werden. Die Allgegenwart des Metaverses steht hierzu in einem Widerspruch.

Die Verletzung einer geschützten Marke kommt insbesondere beim Vorliegen von Verwechslungsgefahr in Betracht. Kriterien für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind die Ähnlichkeit der Produkte oder Dienstleistung, die Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft der Marke. Bei der Beurteilung ist auf den Gesamteindruck unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls abgestellt. Im hiesigen Kontext muss geklärt werden, ob und unter welchen Umständen eine Ähnlichkeit zwischen einer physischen Ware und der entsprechenden virtuellen Ware bestehen kann. Die Antwort auf diese Frage wirkt sich insbesondere dann aus, wenn Markeninhaber dagegen vorgehen wollen, dass digitale Entsprechungen ihres Produkts in der virtuellen Welt mit ihrer Marke gekennzeichnet werden. Entscheidend wird in diesem Fall sein, ob zwischen der physischen Ware, für die Markenschutz besteht, und der virtuellen Ware eine Ähnlichkeit besteht. Gegen das Vorliegen von Warenähnlichkeit könnte einerseits sprechen, dass das virtuelle Produkt lediglich ein Abbild des physischen Produkts ist und in der realen Welt nicht dieselbe bzw. keine Funktion erfüllt. Hinzu kommt, dass bei der Anmeldung von Marken sehr streng zwischen der virtuellen und der physischen Ware differenziert wird. Dies spricht ebenfalls gegen das Vorliegen von Warenähnlichkeit. Allerdings ist es allgemein anerkannt, dass die Nizza-Klassifikation für die Beurteilung der Warenähnlichkeit gerade nicht entscheidend ist. Für das Vorliegen von Warenähnlichkeit wird daher vorgebracht, dass die digitale Ware oder Dienstleistung für den Avatar, der das virtuelle Abbild des Nutzers darstellt, exakt dieselbe Funktion erfüllt, wie die physische Entsprechung. Deutsche Gerichte haben sich zu dieser Frage bislang noch nicht geäußert. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Bis Klarheit herrscht, ist zu empfehlen, dass Markeninhaber auch die virtuelle Ware oder Dienstleistung schützen lassen, um gegen Verletzungen rechtssicher vorgehen zu können.

3. Fazit

Viele Fragen, die für Markeninhaber im Zusammenhang mit dem Metaverse konkret relevant werden, sind noch ungeklärt. Die durch den Gesetzgeber und langjährige Rechtsprechung entwickelten Grundsätze lassen sich nur bedingt übertragen und erweisen sich teilweise als unzureichend. Für mehr Rechtssicherheit sind neue Regelungen erforderlich, um einen ausreichenden Schutz in der digitalen Welt herbeizuführen. Bis dahin erscheint es sinnvoll, dass Markeninhaber auch die virtuelle Ware oder Dienstleistung schützen zu lassen, um möglichen Markenverletzungen im Metaverse begegnen zu können. Es bleibt abzuwarten, wie Gesetzgeber und Rechtsprechung dem großen Schatten, den das Metaverse vorauswirft, gerecht werden können.

 

 

Zurück zur Übersicht

Dr. Patric Mau

Dr. Patric Mau

AssociateRechtsanwalt

Konrad-Adenauer-Ufer 23
50668 Köln
T +49 (0) 221 2091 439
M +49 15112976728

E-Mail

Dr. Fee Mäder

Dr. Fee Mäder

PartnerinRechtsanwältin

Konrad-Adenauer-Ufer 23
50668 Köln
T +49 221 2091 429
M +49 173 7284 868

E-Mail