Außenwirtschaftsrecht24.10.2025 Newsletter
EU verabschiedet 19. Sanktionspaket gegen Russland – Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Am 23. Oktober hat die EU ihr 19. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen.
Seit dem großflächigen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat die EU ihr Sanktionsregime gegen Russland wiederholt ausgeweitet, um die wirtschaftliche Basis der russischen Kriegswirtschaft zu schwächen und Russlands Zugang zu Technologien, Finanzsystemen und globalen Märkten einzuschränken.
Das 19. Paket kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die EU den Druck auf Russland weiter erhöhen will, indem sie gezielt wichtige Einnahmequellen (insbesondere im Energiesektor) angreift und neue Umgehungswege über Drittländer schließt. Dieses Paket signalisiert erneut eine stärkere extraterritoriale Ausrichtung: Es betrifft nicht nur russische Unternehmen, sondern auch ausländische Akteure (Drittländer), die Russlands Kriegsanstrengungen unterstützen, insbesondere in den Bereichen Logistik und Technologiebeschaffung.
Kurze Zusammenfassung
Das 19. Sanktionspaket richtet sich insbesondere gegen den Energiesektor (vor allem LNG), die Schifffahrts- und Transportlogistik (Schattenflotte), Finanzsysteme (einschließlich Krypto) sowie grenzüberschreitende Transaktionen über Drittland-Vermittler.
1. Zentrale Elemente des 19. Sanktionspakets im Detail
Maßnahmen im Energiesektor
- Die EU hat ein schrittweises Importverbot für russisches Flüssigerdgas (LNG) beschlossen: Nach den neuen Regeln sind langfristige LNG-Verträge mit Russland ab dem 1. Januar 2027 nicht mehr zulässig, kurzfristige Verträge müssen sechs Monate nach Inkrafttreten der Sanktionen enden.
- Das Verbot wird auf bestimmte Importe von russischem Flüssiggas (LPG) ausgeweitet, um bisher genutzte Schlupflöcher zu schließen.
- 180 weitere Schiffe der sogenannten russischen „Schattenflotte“ (Schiffe, die zur Umgehung von Sanktionen eingesetzt werden) wurden auf die Sanktionsliste gesetzt.
- Weitere Verbote und Einschränkungen betreffen Hafeninfrastruktur-Dienstleistungen sowie technische und wissenschaftliche Energiedienstleistungen (z. B. geologische Prospektion, Kartierung) für russische Energieprojekte.
Maßnahmen im Finanz-/Kryptowährungsbereich
- Das Paket führt vollständige Transaktionsverbote für weitere russische Banken ein und richtet sich auch gegen Banken in Drittländern (z. B. Zentralasien), die russische Finanzierungen ermöglichen.
- Neue Beschränkungen für russische Zahlungs- und Schnellzahlungssysteme sowie explizite Sanktionen gegen Kryptowährungsplattformen, die zur Umgehung finanzieller Restriktionen genutzt werden – einschließlich Stablecoins, die in oder über Drittländer ausgegeben werden.
- Angesichts des wachsenden Handels mit Kryptowährungen und Fintech-Dienstleistungen im Zusammenhang mit der russischen Kriegswirtschaft verbietet die EU, dass EU-basierte Anbieter bestimmte Krypto- und Fintech-Dienstleistungen für russische Endnutzer anbieten oder deren Zugang dazu ermöglichen.
Handel / Export / Dual-Use-Güter
- Weitere Dual-Use-Güter, Spitzentechnologien, bestimmte Chemikalien, Metalle, Oxide, Legierungen, Salze, Gummiprodukte und elektronische Komponenten, die Russlands Kriegsindustrie unterstützen könnten, unterliegen nun dem Embargo (Erweiterung früherer Pakete).
- Dienstleistungen zur Unterstützung russischer Sonderwirtschaftszonen (SEZ), die den Im- und Export sowie Technologietransfer für den Krieg erleichtern, werden ebenfalls sanktioniert.
Weitere Maßnahmen / Listungen und Durchsetzung
- Weitere natürliche und juristische Personen wurden auf die Sanktionsliste gesetzt, darunter Oligarchen, Akteure des russischen Energiesektors, Schattenflotten-Beteiligte, ausländische Raffinerien und Ölhändler, die Russland unterstützen.
- Maßnahmen umfassen auch Versicherungs- und Rückversicherungsverbote (insbesondere für Schifffahrt und Luftfahrt mit Russland-Bezug) sowie verschärfte Melde- und Überwachungspflichten für Dienstleistungen an gelistete Personen/Unternehmen.
- Diplomatische Beschränkungen: Die EU führt Kontrollen für die Bewegungen russischer Diplomaten in den EU-Mitgliedstaaten ein, um Destabilisierungsversuche und Sanktionsumgehung einzudämmen.
- Belarus: Während der Fokus weiterhin auf Russland liegt, werden auch zusätzliche Sanktionen gegen Belarus verhängt, soweit es Russlands Kriegsmaschinerie unterstützt – darunter neue Listungen im Zusammenhang mit dem militärisch-industriellen Komplex und dem Lukaschenko-Regime.
2. Praktische Auswirkungen und Compliance-Hinweise
- Vertragsprüfung und Planung: Unternehmen aus den Bereichen Energie, Schifffahrt, Logistik, Finanzen, Krypto/Fintech und Technologieexport sollten bestehende Verträge mit russischen (oder belarussischen) Geschäftspartnern oder über Drittländer prüfen. Insbesondere langfristige LNG-Verträge mit Russland müssen identifiziert und bis spätestens 1. Januar 2027 (bzw. früher, je nach Vertragstyp) beendet oder umgestellt werden.
- Drittländerrisiko / Indirekte Exponierung: Ein strategischer Schwerpunkt dieses Pakets liegt auf Drittländern (außerhalb der EU und Russlands), die Sanktionsumgehungen ermöglichen. Wenn Ihr Unternehmen mit Geschäftspartnern in Drittländern (z. B. China, Indien, VAE oder Zentralasien) arbeitet, die mit russischer Energie, Exporten oder Schifffahrt in Verbindung stehen, sollten Sie die Risiken und mögliche Sanktionsverstöße sorgfältig prüfen.
- Krypto-/Fintech-Sorgfalt: Wenn Sie Fintech- oder Krypto-Dienstleistungen im Zusammenhang mit russischen oder belarussischen Parteien (oder über Drittländer) anbieten oder nutzen, prüfen Sie genau, ob diese Leistungen nun verboten sind.
- Exportkontrollen und Dual-Use-Güter: Überprüfen Sie, ob von Ihrem Unternehmen gehandelte Waren, Dienstleistungen oder Komponenten unter die erweiterte Liste der Dual-Use-Güter fallen. Transaktionen mit gelisteten ausländischen Unternehmen oder Raffinerien können nun untersagt sein.
- Vermögenssperren: Stellen Sie sicher, dass Ihre internen Compliance-Systeme neue gelistete Personen, Unternehmen, Schiffe oder Banken erkennen und verhindern, dass diesen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
- Erhöhte Wachsamkeit: Der Fokus dieses Pakets und der Behörden liegt klar auf der Vermeidung und Verfolgung von Umgehungsaktivitäten. Es ist essenziell, dass im Tagesgeschäft ausreichende Sorgfaltsmaßnahmen getroffen werden.


