Arbeitsrecht04.01.2023 Newsletter

Energiepreisbremse: Arbeitsplatzerhaltungspflicht und Boniverbot

Am 20. Dezember 2022 sind das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) und das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme (EWPBG) in Kraft getreten. Beide Gesetze beinhalten die Grundlagen der sogenannten Energiepreisbremse und sollen unter anderem für Unternehmen Entlastungen im Hinblick auf die exorbitant gestiegenen Energiepreise bringen. Der den Unternehmen zu Gute kommende Entlastungsbeitrag, kann unter gewissen Voraussetzungen allerdings zur einer Arbeitsplatzsicherungspflicht der Unternehmen und zur Begrenzung von Boni- und Dividenden-Auszahlungen führen.

Energiepreisdeckel

Die beiden durch den Bundestag verabschiedeten Gesetze sehen folgende Energiepreisdeckelungen vor:

Erdgas und Wärme

Für kleine und mittlere Unternehmen mit einem Verbrauch von bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden (kWh) pro Jahr fallen für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs maximal 12 Ct/kWh brutto (9,5 Ct/kWh brutto für Wärme) an. In der Großindustrie liegt der Preisdeckel hingegen für 70 Prozent des Jahresverbrauchs im Jahr 2021 bei 7 Ct/kWh netto (7,5 Ct/kWh netto für Wärme).

Strom

Kleine Unternehmen mit einem bisherigen Stromverbrauch von bis zu 30.000 kWh pro Jahr zahlen für 80Prozent des vom Netzbetreibers prognostizierten Jahresverbrauchs höchstens 40 Ct/kWh brutto. Für mittlere und große Unternehmen mit einem bisherigen Stromverbrauch von mehr als 30.000 kWh pro Jahr beträgt der maximale Preis 13 Ct/kWh netto für 70 Prozent der Jahresverbrauchsprognose.

Geht der Verbrauch über die vorgenannten Grenzen hinaus, gelten die mit dem jeweiligen Anbieter vereinbarten Preise.

Arbeitsplatzerhaltungspflicht

Das StromPBG wie auch das EWPG sehen in Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben eine Arbeitsplatzerhaltungspflicht vor (§ 37 StromPBG und § 29 EWPBG), sofern Unternehmen insgesamt Entlastungsbeiträge von mehr als 2 Millionen Euro beziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die nach dem StromPBG und EWPBG gezahlten Entlastungsbeiträge addiert werden.

Konkret beinhalten die gesetzlichen Regelungen, dass Unternehmen nur dann mehr als 2 Millionen Euro Fördergelder erhalten, wenn sie durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eine Regelung zur Beschäftigungssicherung für die Dauer bis mindestens zum 30. April 2025 treffen. Scheitern allerdings die Verhandlungen, so kann das Unternehmen eine Erklärung mit Gründen des Scheiterns darlegen und bei den zuständigen Behörden vorlegen. Darüber hinaus ist das Unternehmen verpflichtet, eine einseitige Verpflichtungserklärung zur Erhaltung von Arbeitsplätzen von mindestens 90 Prozent, der am 1. Januar 2023 vorhandenen Arbeitsplatz-Vollzeitäquivalente, bis mindestens zum 30. April 2025 abzugeben. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Betriebsrat nicht existiert und keine Tarifbindung besteht.  

Die konkrete Anzahl der zu erhaltenen Arbeitsplätze bemisst sich entsprechend des Gesetzeswortlaut anhand von Vollzeitäquivalenten. Erfasst werden sollen dadurch auch Teilzeitkonstellationen. Dazu gehören auch Arbeitsplätze, die durch Leiharbeitnehmer besetzt sind.

Die Frist zur Abgabe der (Betriebs-/Tarif-)Vereinbarung oder aber der Selbsterklärung durch das Unternehmen datiert auf den 15. Juli 2023. Nach Ablauf der Frist wird der Entlastungsbeitrag auf einen Betrag von 2 Millionen Euro gekürzt oder – im Falle bereits erfolgter Auszahlungen – ein entsprechender Betrag zurückgefordert.

Im Hinblick auf die Bewertung des einzelnen Förderbeitrags steht den Behörden ein Ermessensspielraum zu. Dabei soll unter anderem berücksichtigt werden, dass die Rückforderungshöhe prozentual der Unterschreitung der zuvor zugesicherten Anzahl der zu erhaltenden Arbeitsplätze entspricht (mindestens aber 20%).

Unternehmen sind darüber hinaus im Rahmen eines Abschlussberichts verpflichtet, die Arbeitsplatzentwicklung im Zeitraum bis zum 30. April 2025 nachzuweisen. Auch in diesem Zusammenhang steht den zuständigen Behörden ein Ermessenspielraum bei der Bewertung, ob und wenn ja in welcher Höhe möglicherweise Fördergeld zurückzuzahlen sind, zu.

Insofern müssen Unternehmen nunmehr eine (finanzielle) Bewertung vornehmen, ob der Erhalt der Fördermöglichkeiten oder aber der Abbau von Arbeitsplätzen wirtschaftlich sinnvoller ist. Für den Fall, dass eine Arbeitsplatzsicherung vereinbart werden soll, sind insbesondere zeitnah Verhandlungen mit dem Tarifvertragspartner oder aber dem Betriebsrat aufzunehmen. Bisher ungeklärt ist, wann die Verhandlungen tatsächlich als gescheitert gelten und Unternehmen eine eigene Erklärung zur Selbstverpflichtung abgeben können. Die Schwelle dürfte hier aber nicht zu hoch angesetzt werden, da eine einseitige Stellungnahme des Unternehmens ohne Beteiligung des Tarifvertragspartners oder des Betriebsrats ausreichend ist. Eine Vereinbarung mit den Interessenvertretern der Beschäftigten bietet sich aber dann an, wenn von den gesetzlichen Vorgaben abgewichen werden soll. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Umfangs der Beschäftigungssicherung, denn nur für den Fall der Selbsterklärung durch das Unternehmen ist eine Quote von 90 Prozent vorgesehen.

Boni- und Dividendenverbot

Darüber hinaus sehen die Energiepreisbremsen Einschränkungen bei der Ausschüttung von Boni und Dividenden vor (vgl. § 37a StromPBG und § 29a EWPBG).

Erhält ein Unternehmen eine Förderung von mehr als 25 Millionen Euro, so gilt ein gestuftes Boniverbot für Mitglieder der Geschäftsleitung und von Aufsichtsorganen. Gleiches gilt auch für die Ausschüttung von Dividenden.

Im Rahmen erhaltener Fördergelder im Umfang von 25 Millionen Euro bis 50 Millionen Euro gilt das Verbot nur für Bonusvereinbarungen, welche vor dem 1. Dezember 2022 getroffen wurden.

Überschreitet die Gesamtfördersumme einen Betrag von 50 Millionen Euro, gilt ein vollständiges Auszahlungsverbot sowohl für Boni als auch Dividenden.

Unternehmen können allerdings bis zum 31. März 2023 erklären, dass sie auf Fördermöglichkeiten oberhalb von 25 Millionen verzichten, sodass sie nicht an die vorgenannten Einschränkungen gebunden sind.

Fraglich erscheint aber in diesem Zusammenhang, wie ein solches gesetzliches Verbot im Hinblick auf vertraglich zugesagte Bonuszahlungen umzusetzen ist. Insofern dürfte sich eine einvernehmliche Regelung mit den Betroffenen empfehlen.

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Annabelle Marceau

Annabelle Marceau

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