Zweites Sanktionsdurchsetzungsgesetz: Gesetzesentwurf erhöht Druck auf Unternehmen

Die Bundestagsfraktionen der Ampel-Parteien haben am Freitag, 11.11.2022 einen Entwurf für ein sog. zweites Sanktionsdurchsetzungsgesetz (Sanktionsdurchsetzungsgesetz II; SDG II) in den Bundestag eingebracht. Die neuen Vorschriften sollen das bereits im Mai 2022 vom Bundestag beschlossene Sanktionsdurchsetzungsgesetz I (SDG I) ergänzen. Wenn das Gesetzgebungsverfahren zügig verläuft, könnte das Gesetzespaket bereits in diesem Jahr in Kraft treten. Für Unternehmen bedeutet das neue Gesetz vor allem: Der öffentliche Druck zur Einhaltung von Sanktionen nimmt weiter zu. Sanktions- und Geschäftspartnerprüfung bleiben daher unverzichtbare Instrumente, um Rechtsverstöße und behördliche Ermittlungen zu vermeiden.

SDG II sieht klare Kompetenzzuweisung an den Bund vor

Sanktionen verhängen ist das eine – Sanktionen durchsetzen das andere. Mit dem SDG I und nunmehr dem SDG II beabsichtigt die Bundesregierung, den rechtlichen Werkzeugkasten zur Durchsetzung von Sanktionen aufzufüllen. Außerdem werden effektive Strukturen geschaffen, um Verstöße zu verfolgen. Dafür wurden mit dem SDG I insbesondere die Ermittlungsbefugnisse der Behörden ausgeweitet, um sanktioniertes Vermögen aufzufinden. Ermittler können nun zum Beispiel Wohnungen und Büros durchsuchen, wenn sie davon ausgehen, dass dort sanktioniertes Vermögen versteckt ist. 
In der Praxis hat sich seitdem allerdings noch nicht allzu viel getan, da die Ermittlungszuständigkeit bislang bei den Ländern und ihren zahlreichen Ermittlungsbehörden lag. Es fehlte daher an klaren Zuständigkeiten und gebündeltem Know-how. Dies soll durch das SDG II durch eine klare Kompetenzzuweisung an den Bund geändert werden. Zudem sollen die Ermittlungsbefugnisse für die Verfolgung von Geldwäsche und zur Sanktionsdurchsetzung gebündelt werden.  

Wichtige Inhalte des SDG II

Der aktuelle Entwurf des SDG II sieht im Wesentlichen die folgenden Neuerungen vor:

  • Im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums soll eine sog. Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfSD) eingerichtet werden. Die ZfSD soll zunächst bei der Generalzolldirektion mit Hauptsitz in Bonn angesiedelt werden. Sie soll u. a. dafür zuständig sein, Ermittlungen im Hinblick auf durch EU-Sanktionsmaßnahmen eingefrorene Vermögenswerte durchzuführen und sanktioniertes Vermögen sicherzustellen. Zu diesem Zweck soll die ZfSD mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet werden. Dazu gehören etwa Auskunfts- und Betretungsrechten sowie die Kompetenz zur Bestellung eines Sonderbeauftragten zur Überwachung der Einhaltung von Sanktionen. Zudem soll bei der ZfSD ein System eingerichtet werden, über das Hinweise über potenzielle oder tatsächliche Verstöße gegen Sanktionsvorschriften eingereicht werden können.
  • Auch im Rahmen des Transparenzregisters sind zahlreiche Änderungen geplant:
  • Die vom Transparenzregister erstellten Eigentums- und Kontrollstrukturübersichten sollen für Behörden nutzbar gemacht werden. Zudem sollen im Transparenzregister bestimmte Informationen zu Gesellschaftsimmobilien zugänglich werden.
    Ausländische Gesellschaften mit Immobilieneigentum in Deutschland müssen künftig neben dem Neuerwerb auch Bestandsimmobilien melden.
  • Unternehmen müssen künftig beim Transparenzregister begründen, wenn kein wirtschaftlich Berechtigter angegeben wird. Dadurch sollen Umgehungsfälle vermieden und die Transparenz über Eigentums- und Kontrollstrukturen verbessert werden.
  • Für Immobilientransaktionen soll die Bezahlung mit Bargeld, Kryptowerten und Rohstoffen untersagt werden. 
  • Sanktionsmaßnahmen des UN-Sicherheitsrates sollen künftig unmittelbar anwendbar sein, d. h. ohne vorherige Umsetzung durch nationales Gesetz.
  • Schließlich sollen die Zuverlässigkeitsregelungen in den Finanzaufsichtsgesetzen angepasst werden. So gelten Personen und Unternehmen nach Neufassung des Kreditwesengesetzes künftig als unzuverlässig, wenn gegen sie Finanzsanktionen verhängt wurden. Zudem gelten Geschäftsleiter, Aufsichtsratsmitglieder oder vergleichbare Führungskräfte als unzuverlässig, wenn sie für ein sanktioniertes Unternehmen tätig sind. Personen und Unternehmen können sich gegen diese Unzuverlässigkeitsfiktion mit der Darlegung von Ausnahmegründen verteidigen.

Was ist jetzt zu tun?

  • Unternehmen sollten, falls noch nicht geschehen, dringend prüfen, ob ihre Compliance-Maßnahmen im Bereich Geldwäscheprävention und Sanktionsprüfung den aktuellen Standards gerecht werden. 
  • Künftig wird für die Sanktionsprüfung mit dem von der ZfSD geführten Register eine weitere Informationsquelle zur Verfügung stehen. Unternehmen sollten dieses Register nutzen, um die Ergebnisse ihrer eigenen Sanktionsprüfung zu verifizieren.
  • Ausländische Gesellschaften mit Immobilieneigentum in Deutschland müssen ihr bestehendes Immobilieneigentum bis zum 31.12.2023 an das Transparenzregister melden.
  • Finanzdienstleister sollten Vorkehrungen für den Fall treffen, dass die neue Unzuverlässigkeitsfiktion nach dem Kreditwesengesetz eingreift. Hierzu könnte präventiv der Aufbau einer Verteidigungsstrategie gegen die Unzulässigkeitsfiktion erwogen werden.
  • Unternehmen mit Auslandsgeschäftsverkehr müssen künftig auch die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrates mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen, da dessen Sanktionsmaßnahmen künftig unmittelbar anwendbar sind.
     

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Stephan Müller

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