Reform des Familienrechts: Geplante Einführung der Verantwortungsgemeinschaft

Die Bundesregierung hatte zu Beginn der Wahlperiode eine umfassende Reform des Familienrechts angekündigt und es sich zum Ziel erklärt, das Familienrecht an die gesellschaftliche Realität anzupassen und umfangreich zu modernisieren.

Bestandteile dieser Reform sollen unter anderem das Namensrecht, das Unterhaltsrecht und das Abstammungs- sowie Sorgerecht sein. Zu letzterem und den dort geplanten Änderungen hatten wir bereits vorletzte Woche in unserem Blogbeitrag berichtet. Hinzu kommt die geplante Einführung eines völlig neuen Rechtsinstituts – der sogenannten Verantwortungsgemeinschaft. Diese soll Erwachsenen unabhängig von Ehe und Partnerschaft die gegenseitige Übernahme von Verantwortung ermöglichen und diese rechtlich absichern.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat nun ein Eckpunktepapier vorgelegt, das die Grundzüge des Rechtsinstituts darlegt und erläutert.
 

1. Voraussetzungen und Grundzüge der Verantwortungsgemeinschaft

Die Verantwortungsgemeinschaft soll maximal aus sechs volljährigen und geschäftsfähigen Personen bestehen dürfen. Die Mehrfachmitgliedschaft in unterschiedlichen Verantwortungsgemeinschaften soll dabei nicht möglich sein. Für Ehegatten soll gelten, dass diese einzeln oder zusammen mit weiteren Personen eine Verantwortungsgemeinschaft gründen können, hingegen nicht zu zweit mit ihrem Ehepartner.

Der Vertrag über die Verantwortungsgemeinschaft soll für seine Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedürfen, wodurch eine ausreichende Beratung und Aufklärung gewährleistet werden soll.

Weitere Voraussetzung für die Gründung soll das Bestehen eines tatsächlichen persönlichen Näheverhältnisses sein, wobei dieses nicht staatlich kontrolliert werden soll.

Um größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten, sollen Änderungen jederzeit einvernehmlich unter Einhaltung der notariellen Form und zudem eine einseitige Kündigung ohne Einhaltung etwaiger Fristen möglich sein.

2. Rechtsfolgen bzw. Wirkung der Verantwortungsgemeinschaft

Die Rechtsfolgen bzw. Wirkungen der Verantwortungsgemeinschaft werden in unterschiedliche Stufen unterteilt. So soll den Vertragspartnern eine flexible Gestaltung und Anpassung an ihre Wünsche und Bedürfnisse ermöglicht werden:

Die Grundstufe der Verantwortungsgemeinschaft legt dabei lediglich fest, dass Vertragspartner bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers berücksichtigt werden (§ 1816 BGB) und dass die Möglichkeit der Organspende zwischen den Vertragspartnern besteht (§ 8 Transplantationsgesetz).

Daneben sollen Zusatzmodule gewählt werden können:

  • Auskunfts- und Vertretungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten
  • Verpflichtungen bei Zusammenleben: Bestandteil dieses Moduls soll sein, dass sich die jeweiligen Personen verpflichten, ihre Wohnung vorübergehend zu überlassen, wenn die Gemeinschaft beendet wird. Zum anderen soll jeder Vertragspartner mit Wirkung für und gegen die jeweils anderen Vertragspartner Grundnahrungsmittel und Haushaltsartikel kaufen können. Ergänzend dazu sollten die Vertragspartner dann Regelungen über die Kostenverteilung im Innenverhältnis treffen.
  • Pflege und Fürsorge: Ob und inwieweit bei der Erbringung von Pflegeleistungen –  hierfür soll aber keine Pflicht entstehen – eine Freistellung von der beruflichen Tätigkeit oder finanzielle Unterstützung auf Grundlage des Pflegezeitgesetzes beansprucht werden kann, wird noch geprüft.
  • Zugewinngemeinschaft: Bei zweiseitigen Verantwortungsgemeinschaften von Unverheirateten soll die Anwendung der Regelungen über den ehelichen Zugewinnausgleich angeordnet werden können, allerdings ohne Anwendung der steuerlichen Vorteile. Dies würde zur Folge haben, dass ein etwaiger Ausgleichsanspruch der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegt.

Ausdrücklich klargestellt wurde, dass durch die Verantwortungsgemeinschaft keine steuerlichen Vergünstigungen entstehen und keine Aufenthaltsberechtigung erlangt werden kann. Auch im Erbrecht, im Namensrecht und im rechtlichen Verhältnis zu Kindern der Vertragspartner sollen keine Rechtswirkungen durch das Rechtsinstitut entstehen.

3. Ausblick

Ob und in welcher Form eine Verantwortungsgemeinschaft eingeführt werden wird, bleibt abzuwarten. Es müssen zunächst konkrete Gesetzesentwürfe ausgearbeitet und vorgelegt werden und anschließend muss das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen werden.

Insbesondere die nicht geplanten Steuererleichterungen dürften einige enttäuschen. Ob in der Praxis bei Einführung tatsächlich von diesem Rechtsinstitut zukünftig Gebrauch gemacht werden wird und insofern Vorteile bzw. Erleichterungen für den Rechtsverkehr entstehen, wird sich zeigen.

Vor dem Hintergrund, dass viele der vorgeschlagenen Wirkungen bereits jetzt durch entsprechende Vollmachten bzw. vertragliche Vereinbarungen herbeigeführt werden können, verbleiben zumindest Zweifel an dem rechtlichen Anwendungsbereich der Verantwortungsgemeinschaft.

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Franziska Goetjes<br/>LL.M. (Dublin)

Franziska Goetjes
LL.M. (Dublin)

AssociateRechtsanwältin

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