IT-Recht und Datenschutz22.11.2021 Newsletter

Online Plattformen: Entspricht meine Website den gesetzlichen Vorgaben?

Online-Plattformen unterliegen einer Reihe von regulatorischen Anforderungen. Neue Vorschriften kommen nicht nur aus Brüssel, sondern auch aus Berlin. Neben generellen Regelungen für Onlineplattformen existieren zahlreiche Sonderregelungen z. B. für Streaming Plattformen, Social Media. Lesen Sie hier, welche Regelungen für Ihre Website wichtig sind.

Wir haben die nachfolgenden Regelungen für Sie zusammengefasst. Nicht alle Regelungen gelten für alle Plattformen gleichermaßen. Über den Link gelangen Sie gleich zu den für Sie relevanten Abschnitten:

Telemediengesetz und DSGVO  

Das Telemediengesetz (TMG) gilt für alle Onlineplattformen. Diese bedürfen grundsätzlich keiner besonderen Zulassung, wie z. B. einer Rundfunklizenz (§ 4 TMG). Dies gilt auch für Streaming Plattformen, sofern keine redaktionell geplanten und zeitlich festgelegten Streams erfolgen. Den meisten bekannt: alle Onlineplattformen müssen ein Impressum (§ 5 TMG) und Datenschutzhinweise (Art. 13, 14 DSGVO) enthalten.

Zudem bestehen nach dem TMG besondere Pflichten für Videosharing-Plattformen (§§ 6 Abs. 3 und 4, §§ 10a, 10b TMG):

  • Den Nutzern muss eine Funktion bereitgestellt werden, mit der sie erklären können, ob die Streams und Videos kommerzielle Kommunikation enthalten, insbesondere Werbung. Videos und Streams mit kommerzieller Kommunikation sind als solche zu kennzeichnen.
  • Nutzer müssen rechtswidrige Inhalte, die auf der Plattform bereitgestellt werden, elektronisch melden können.
  • Ein Verfahren zur Prüfung und Abhilfe von Nutzerbeschwerden muss implementiert werden.

E-commerce Vorgaben für Vertragsabschlüsse

Schließen Plattformbetreiber über die Plattform Verträge mit Verbrauchern, müssen sie das Verbraucherschutzrecht beachten. D. h. besondere inhaltliche Anforderungen an Verträge und Informationspflichten nach §§ 312d, 312i BGB sowie § 36 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (Information über das Widerrufsrecht, Gesamtpreise bzw. Berechnungsgrundlagen, Versandkosten, Liefervorbehalte etc.) müssen eingehalten werden.

Werden hingegen ausschließlich Geschäfte mit Gewerbetreibenden außerhalb des Verbraucherschutzrechts gemacht, ist ein entsprechender Hinweis darauf auf der Webseite zwingend erforderlich. Zu empfehlen ist die Abfrage der gewerblichen Eigenschaft von jedem Kunden (mittels einer Checkbox nahe des Bestellbuttons oder Ähnlichem).

Ermöglichen Plattformbetreiber lediglich Vertragsabschlüsse zwischen Dritten, ohne selbst Vertragspartner dieser Geschäfte zu werden, treffen die Plattformbetreiber selbst bezüglich dieser Verträge keine verbraucherschutzrechtlichen oder E-Commerce-rechtlichen Pflichten. Dies ist z. B. der Fall, soweit über den Amazon Marketplace Verträge zwischen den Amazon angeschlossenen Händlern und den Kunden zustande kommen.

Urheberrechtsdiensteanbietergesetz

Das Urheberrechtsdiensteanbietergesetz (UrhDAG) verpflichtet Plattformanbieter, die von Nutzern hochgeladene urheberrechtlich geschützte Inhalte veröffentlichen, zum Erwerb von Lizenzen und zur Blockierung urheberrechtswidriger Inhalte. Das UrhDAG bestimmt jedoch auch bestimmte Ausnahmen und Einschränkungen dieser Pflichten, z. B. sind bestimmte Nutzungen (etwa Werkzitate) ohne vertragliche Lizenz zulässig (worauf die Nutzer hinzuweisen sind).

Zudem müssen betroffene Plattformanbieter nach dem UrhDAG auch dem Urheber eine angemessene Vergütung für die öffentliche Wiedergabe des Werkes zahlen. Direktvergütungsansprüche der Urheber gegen die Plattformanbieter sind somit möglich.

P2B-Verordnung (EU)

Die sog. P2B-Verordnung gilt für Onlineplattformen, auf denen gewerbliche Nutzer Verbrauchern Waren und Dienstleistungen anbieten können, wie z. B. Amazon-Marketplace. Die Anforderungen sollen die vom Plattformanbieter abhängigen gewerblichen Nutzer schützen und sind in den Plattform-AGB aufzuführen.

Die AGB müssen u. a.

  • genau regeln, wann die Bereitstellung der Plattform für Veranstalter ausgesetzt, beendet oder eingeschränkt werden kann
  • Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder etwaige Partnerprogramme enthalten
  • die Hauptparameter sowie deren Gewichtung darlegen, die das Ranking, d. h. die Reihenfolge der Anzeige der einzelnen Angebote bestimmen
  • die Kündigungsrechte des Veranstalters regeln und festhalten, ob nach Vertragsende ein Zugangsrecht zu den von den gewerblichen Nutzern bereitgestellten Informationen besteht.

Die Einschränkung, Aussetzung oder Beendigung des Zugangs zur Plattform für einzelne gewerbliche Nutzer ist (möglichst vorher) anzukündigen. Zusätzlich muss dem Veranstalter durch ein genau geregeltes internes Beschwerdemanagementverfahren die Gelegenheit gegeben werden, sich zu wehren. Der Anbieter hat in den AGB zwei Mediatoren zu benennen, an die sich die Veranstalter wenden können.

Sofern der Plattformanbieter die gewerblichen Nutzer in der anderweitigen Vermarktung ihrer Produkte einschränkt, ist dies in den AGB zu regeln.

Zudem gelten die folgenden Anforderungen:

  • Die AGB müssen ständig abrufbar sein. Es empfiehlt sich also, sie auf der Plattform zu verlinken.
  • Die AGB gegenüber Bestandskunden können nur in einem bestimmten, vorgeschriebenen Verfahren geändert werden.
  • Die Identität der gewerblichen Nutzer muss auf der Plattform klar erkennbar dargestellt werden.
  • Die Einschränkung, Aussetzung oder Beendigung der Leistung ist dem Veranstalter (möglichst vorher) anzukündigen. 

Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gilt für Onlineplattformen, auf denen Nutzer Informationen und Inhalten teilen und/oder veröffentlichen können (Social Media Plattformen). Das Gesetzt greift erst ab über zwei Millionen Nutzern in Deutschland.

Das NetzDG zielt auf die Verhinderung und Aufklärung von Hasskriminalität, illegalen Fake News und sonstigem rechtswidrigen Verhalten auf Social-Media-Plattformen. Es verpflichtet die Plattformbetreiber zur Einrichtung eines effizienten Beschwerdemanagementsystems. Ausländische Betreiber müssen einen deutschen Vertreter benennen. Die Bundesregierung hat kürzlich eine Aktualisierung der NetzDG vorgeschlagen. Diese soll Details der Meldeverfahren, die Verpflichtung der Plattformbetreiber zur Erstellung eines jährlichen Transparenzberichts und andere Details beinhalten.

Kartellrecht

1. Rahmenbedingungen

Das Kartellrecht verbietet den Austausch wettbewerblich relevanter Informationen zwischen Wettbewerbern. Betreiber von Online-Plattformen müssen daher darauf achten, dass keine wettbewerbsrelevanten Informationen auf der Plattform ausgetauscht werden.

Die Plattform sollte dementsprechend so konzipiert sein, dass Rückschlüsse auf das wettbewerbliche Verhalten von Wettbewerbern ausgeschlossen sind. Steht der Plattformbetreiber im Wettbewerb zu den auf der Plattform anbietenden Unternehmen, darf er keinen Zugang zu wettbewerblich relevanten Informationen der Anbieter erhalten (u. a. Aufträge, Preise, Umsätze, Investitionen oder die aktuelle Geschäftspolitik). Es muss eine personelle, organisatorische, informatorische und technische Trennung zwischen der Plattform und den anderen Geschäftsbereichen des Betreibers sichergestellt werden.

Ist die Muttergesellschaft des Plattformbetreibers Wettbewerber der Anbieter, sind gesellschaftsrechtliche Auskunfts- und Einsichtsrechte einzuschränken. Die Plattform muss organisatorisch strikt von ihrer Muttergesellschaft getrennt sein, wenn diese am selben Markt wie die Anbieter tätig ist. Bei personellen Überschneidungen darf zumindest kein Zugang dieser Personen zu wettbewerbsrechtlichen Informationen bestehen.

Die Anbieter sollten durch eine „Chinese Wall“ voneinander abgetrennt sein. Es muss ein technisch abgesicherter, isolierter Anbieterbereich geschaffen werden, in dem jeder Anbieter nur die Kundendaten seiner eigenen Kunden einsehen kann. Um Preisabsprachen zwischen den Anbietern zu verhindern, soll bestenfalls erst in einem letzten Schritt vor Vertragsschluss die Identität des Händlers offengelegt werden. Um eine Umgehung dieser Vorkehrungen durch „Wettbewerbslieferungen“ vorzubeugen, sollten die Verhaltensleitlinien der Plattform ein solchen Verstoß verbieten.

Die Beteiligung an Plattformen kann außerdem der Fusionskontrolle unterliegen. Gleichfalls können Kooperationen zwischen Plattformen problematisch sein.

2. Regulierung von „Gatekeepern“

Onlineplattformen agieren als Vermittler auf mehrseitigen Märkten. Aus der sich hieraus ergebenden Stellung gegenüber Anbietern und Kunden können sich Abhängigkeiten ergeben, die verstärkt einer Regulierung unterliegen.

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erkennt in diesem Zusammenhang die Intermediationsmacht von Plattformen als Kriterium zur Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung an. Hieraus können sich in der Konsequenz sowohl Ansprüche auf Zugang zur Plattform selbst, aber auch Zugang zu den Daten des Plattformanbieters ergeben. Derartige Ansprüche sind unter bestimmten Voraussetzungen auch bereits dann denkbar, wenn der Anspruchsteller auf einen Zugang zu der Plattform oder zu Daten angewiesen ist (sog. relative Marktmacht). Darüber hinaus sieht das GWB für Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb einen zusätzlichen Regulierungsrahmen vor. Dieser kommt erst dann zur Anwendung, wenn das Bundeskartellamt die überragende marktübergreifende Bedeutung eines Unternehmens durch Verfügung festgestellt hat. Fortan kann es bestimmte Geschäftspraktiken des betroffenen Unternehmens untersagen (u. a. eine Selbstbevorzugung eigener Dienste und Leistungen gegenüber denen von Wettbewerbern oder Behinderung der Interoperabilität). Im Kern geht es hier um eine Erfassung der Schlüsselpositionen sehr großer Plattformbetreiber, die eine zentrale Bedeutung auf verschiedenen Märkten haben, wie voraussichtlich insbesondere die sog. GAFA. Das Bundeskartellamt hat dementsprechend mittlerweile Verfahren gegen Google, Apple, Facebook und Amazon eingeleitet.

Die Europäische Kommission strebt im Rahmen ihrer digitalen Strategie eine grundlegende Reform des Regulierungsrahmens für Plattformen an. Eckpfeiler dieser Strategie sind der Digital Markets Act und der Digital Services Act (noch im Entwurfstadium). Wirtschaftliche Ungleichgewichte und unlautere Geschäftspraktiken von „Gatekeepern“ der digitalen Welt sowie die sich hieraus ergebenden schwer bestreitbaren Marktstellungen der Gatekeeper sollen verhindert werden.

Der Digital Markets Act sieht für Gatekeeper einen Katalog von Verbotenen und Verpflichtungen vor. Verboten werden soll beispielsweise die Nutzung von Transaktions- und Nutzerdaten zum eigenen Vorteil. Dies geschieht mittlerweile nicht selten in der Digitalwirtschaft.

Der Digital Services Act soll vor allem die Risiken digitaler Geschäftsmodelle regeln (algorithmische Entscheidungsfindung, Desinformationskampagnen, Verbreitung illegaler Inhalte). Darüber hinaus soll insbesondere die Haftung der beteiligten Online-Akteure geregelt werden sowie Transparenz- und Compliance-Pflichten eingeführt werden. Der Digital Services Act erlegt Anbietern von digitalen Diensten bestimmte Verhaltenspflichten auf. Erfasst werden sollen solche Unternehmen, die als Vermittler zwischen Verbraucher und Anbietern von Waren und Diensten sowie Inhalten fungieren (Vermittler).

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die sich bei Online-Plattformen ergebenden wettbewerblichen Besonderheiten zunehmend auch an anderen Stellen Berücksichtigung finden werden. Beispielsweise im Rahmen der für Sommer 2022 erwarteten Überarbeitung der sog. Vertikalgruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO), die eine enorme Praxisrelevanz für den E-Commerce-Bereich aufweist.

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Dr. Marc Hilber<br/>LL.M. (Illinois)

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