18.09.2023 Newsletter

Lauterkeits- und markenrechtliche Ansprüche beim Handel mit „Soft Currency“

Wie bereits angekündigt, startet diese Woche unsere Beitragsreihe zu den Themen E-Sport und Gaming. Damit einhergehend werden wir rechtliche Fragen aus den Bereichen Wettbewerbs-, Gesellschafts-, Datenschutz-, sowie Arbeitsrecht beantworten.

Den Auftakt dazu, übernimmt Dr. Patric Mau. Er beleuchtet die Rechtslage und markenrechtliche Ansprüche beim Handel mit Zahlungsmethoden. Um Wettbewerbsverzerrung zu verhindern und einen fairen Wettbewerb garantieren zu können, stellt sich die Frage, ob Spieleentwicklern Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegen den Verkauf von Soft Currencies über Handelsplattformen Dritter zustehen.  

Die meisten Spieleentwickler setzen im Hinblick auf ihre Vertriebsstrukturen inzwischen auf In-Game-Zahlungsmethoden. Dabei lassen sich In-Game-Währungen grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilen: Hard Currencies und Soft Currencies. Während Hard Currencies gegen Echtgeld erworben werden können, zeichnen sich Soft Currencies dadurch aus, dass ein Erwerb mit Echtgeld gerade nicht möglich ist. Vielmehr müssen diese im Spiel durch Leistung und mit Zeitaufwand erspielt werden. Allerdings bieten immer mehr Handelsplattformen Dritter den direkten Erwerb von Soft Currencies gegen Echtgeld an. Dabei stellt sich die Frage, ob Spieleentwickler rechtliche Ansprüche gegen solche Anbieter geltend machen können, wenn Soft Currencies auf Handelsplattformen Dritter zum Verkauf angeboten werden. Der Anreiz für Spieler Soft Currencies über Handelsplattformen gegen Echtgeld zu erwerben besteht vor allem darin, dass sie sich diese nicht durch Leistung und Zeitaufwand im Spiel erspielen müssen. Dies kann jedoch zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, denn auch im Bereich des E-Sport ist die Schaffung und Einhaltung gleicher Bedingungen ein zentrales Element für einen fairen Wettbewerb. Neben der Gefährdung eines geschaffenen Ökosystems, können den Spieleentwicklern immense Einnahmeverluste drohen. Mit einem weltweiten Jahresumsatz von 248,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022, zählt die Computer- und Videospielbranche inzwischen zu einem der größten Märkte in der Unterhaltungsindustrie (zum Vergleich: Der Jahresumsatz für Filme lag bei 76,7 Mrd. US-Dollar und Musik bei 26,2 Mrd. US-Dollar). Darüber hinaus befinden sich alle wettbewerbsorientierten E-Sportler in einem Spannungsverhältnis, über diese Handelsplattformen an benötigte In-Game-Items zu gelangen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Damit stellt sich die Frage, ob Spieleentwicklern Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegen den Verkauf von Soft Currencies über Handelsplattformen Dritter zustehen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche

Stellen Dritte eine Handelsplattform zur Vermittlung und Verkauf von Soft Currencies bereit, könnte dies einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG begründen.

Dafür müsste zunächst eine unzulässige geschäftliche Handlung nach § 3 UWG vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Betreiber der Handelsplattform durch die Bereitstellung unlauter handeln, § 3 Abs. 1 UWG. Erforderlich dafür wäre, dass Spieleentwickler und Betreiber der Handelsplattformen in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, also Mitbewerber sind. Ein solches Wettbewerbsverhältnis ist dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Leistungen oder Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigt. Dies ist dann der Fall, wenn die Vorteile des einen, den Nachteilen des anderen entsprechen (sog. Wechselwirkung). Eine derartige Wechselwirkung kann dabei auch dann entstehen, wenn die betreffenden Akteure auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen oder sogar in unterschiedlichen Branchen tätig sind. Mithin können auch „große“ Entwickler und Publisher durch „kleine“ Handelsplattformen beeinträchtigt sein. E-Sportler haben vorliegend sowohl die Möglichkeit, das Angebot der Entwickler als auch der Handelsplattformen zu nutzen, um die Soft Currencies zu erwerben. Durch die Ermöglichung eines „Ersatzmarktes“ für Soft Currencies korrespondieren die geschäftlichen Handlungen, sodass ein Wettbewerbsverhältnis bejaht werden kann.

Zudem müsste der Vertrieb von Soft Currencies durch die Betreiber der Handelsplattformen eine unlautere Handlung darstellen. Insoweit kommt eine gezielte Behinderung eines Mitbewerbers gemäß § 4 Nr. 4 UWG in Betracht. Dabei ist eine Behinderung die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers. Hier spricht viel dafür, dass die Handelsplattformen die Spieleentwickler durch das Vorhalten eines Ersatzmarktes in ihrem Vertrieb beeinträchtigen. Durch die Schaffung einer parallelen Vertriebsstruktur wird der Markt der Spieleentwickler tangiert. Eine solche Beeinträchtigung ist unlauter, wenn die Behinderung dazu führt, dass der Mitbewerber seine Leistung am Markt nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Dies beurteilt sich an Hand einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer.

Der Erwerb von Soft Currencies durch Echtgeld über Drittanbieter verschafft E-Sportlern gegenüber denjenigen, die sich an die Spielregeln der Entwickler halten, Vorteile in Form von Leistungs- und Zeitersparnis. Teilweise kann es sogar wirtschaftlich lukrativer sein, auf die Angebote von Handelsplattformen zurückzugreifen. Zudem sind auch die wirtschaftlichen Interessen der Entwickler beeinträchtigt. So generierten In-Game-Käufe in Deutschland im Jahr 2021 einen Gesamtumsatz von über 4 Milliarden Euro. Im Ergebnis sprechen damit wesentliche Gründe für die Annahme einer Unlauterkeit. Durch das Angebot der Handelsplattformen werden Spieler dazu verleitet, die von den Entwicklern aufgestellten Regeln zu umgehen.

Markenrechtliche Ansprüche

Des Weiteren können markenrechtliche Unterlassungsansprüche aus § 14 Abs. 5 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 2 i. V. m. Art. 130 Abs. 1 UMV in Betracht kommen. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich bei den verwendeten Bezeichnungen und Bildern um geschützte Marken handelt. Besteht ein markenrechtlicher Schutz, müsste für einen Anspruch auch eine Verwendung der Marken im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG vorliegen. Insoweit kommt ein Verwenden nach § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG in Betracht. So verwenden Anbieter die geschützte Marke zumeist, um ihr Angebot zu beschreiben.

Allerdings könnte eine Verwendung der geschützten Marken ausnahmsweise gemäß § 23 Abs. 1 Nr.3 MarkenG zulässig sein. Nach dieser Vorschrift darf der Markeninhaber die Verwendung der Marken im geschäftlichen Verkehr durch Dritte nicht untersagen, wenn die Verwendung der Marken zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen erforderlich ist. Im vorliegenden Fall werden die Marken dazu verwendet, eine Zuordnung zu den jeweiligen Spielen der Entwickler zu ermöglichen. Betrachtet man in diesem Zusammenhang Soft Currencies als Spielezubehör, wäre § 23 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG anwendbar. 

Etwas anderes könnte sich allenfalls daraus ergeben, dass § 23 Abs. 2 MarkenG eine Rückausnahme von § 23 Abs. 1 MarkenG vorsieht. Danach findet die Vorschrift des § 23 Abs. 1 MarkenG nur dann Anwendung, wenn die Markenbenutzung den „anständigen Gepflogenheiten“ entspricht. Dies beurteilt sich wiederum nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, wobei vor allem wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.

Hierbei ist zentrale Grundlage für eine Beurteilung der Schutzzweck des Markenrechts. Ob allerdings die konkrete Verwendung der Marken für die jeweilige Produktbezeichnung eine unlautere Benutzung der Marke darstellt, beurteilt sich nach der Gestaltung der Handelsplattform. Jedenfalls vermag allein der rechtswidrige Einsatz des Produktes noch nicht ohne Weiteres eine Markenverletzung in einer gegen die guten Sitten verstoßenen Weise begründen. Damit ist im Ergebnis festzuhalten, dass markenrechtliche Ansprüchen nur dann bestehen, wenn die Marken in einer nicht den anständigen Gepflogenheiten entsprechenden Weise benutzt werden. Dies erfordert stets eine Prüfung im Einzelfall und wird eher die Ausnahme sein.[1]

 

[1] Ausführlich zu Soft Currencies auch: Saßenbach in SpoPrax 2023, 115 - Milliardenmarkt „Soft Currency Handel“.

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Dr. Patric Mau

Dr. Patric Mau

AssociateRechtsanwalt

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