FISG: Auswirkungen auf Aufsichtsräte und Zusammensetzung des Prüfungsausschusses

Im Juli dieses Jahres trat das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, kurz FISG, in Kraft. Der Gesetzgeber möchte damit das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt wieder stärken, insbesondere nach dem sog. Wirecard-Skandal.

Hierfür sieht das FISG eine Vielzahl von Maßnahmen vor, darunter die gesetzliche Verpflichtung zur Errichtung eines internen Kontrollsystems (IKS) und Risikomanagementsystems (RMS) börsennotierter Aktiengesellschaften, die Stärkung der Unabhängigkeit und die Verschärfung der Haftung des Abschlussprüfers und die Erweiterung der Befugnisse der BaFin.

Dieser Beitrag nimmt diejenigen Neuregelungen in den Fokus, die geschaffen wurden, um starke interne Aufsichtsgremien zu schaffen.

Unternehmen im öffentlichen Interesse

Die neuen Anforderungen an den Sachverstand der Aufsichtsratsmitglieder und die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses beziehen sich ausschließlich auf „Unternehmen im öffentlichen Interesse“ (§ 316a HGB n.F.). Hierunter fallen Kapitalgesellschaften deren Wertpapiere zum Handel zum regulierten Markt zugelassen sind, sowie Unternehmen des Versicherungswesens und CRR-Kreditinstitute.

Neue Anforderungen an Zusammensetzung des Aufsichtsrats

Eine erste Neuerung sieht das FISG in Bezug auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats von Unternehmen im öffentlichen Interesse vor. Der neue § 100 Abs. 5 AktG verlangt, dass künftig „mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und mindestens ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung verfügt“. Im Gegensatz zur alten Fassung besteht nun die Pflicht, dass Sachverstand auf beiden Gebieten kumulativ im Aufsichtsrat vertreten ist. Zudem ist es zwingend, dass dieser Sachverstand auf zwei Aufsichtsratsmitglieder verteilt ist. Nicht ausreichend ist es, wenn nur ein Aufsichtsratsmitglied beide Fachgebiete beherrscht.

In Bezug auf den erforderlichen Grad des Sachverstandes muss die jeweilige Person nicht zwingend einem steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Beruf angehören. Ausreichender Sachverstand kann auch angenommen werden für „Finanzvorstände, fachkundige Angestellte aus den Bereichen Rechnungswesen und Controlling, Analysten sowie langjährige Mitglieder in Prüfungsausschüssen oder Betriebsräte, die sich diese Fähigkeit im Zuge ihrer Tätigkeit durch Weiterbildung angeeignet haben“ (Bundestagsdrucksache 16/10067, S. 102).

Übergangsregelung für bestehende Aufsichtsräte

Obgleich dieses Gesetz am 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist, gibt es eine Übergangsregel: § 100 Abs. 5 AktG n.F. muss demnach so lange nicht angewandt werden, wie alle Mitglieder des Aufsichtsrates vor dem 1. Juli 2021 bestellt worden sind. Die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 19/26966) führt hierzu aus, dass die Umsetzung beim nächsten turnusmäßigen Wechsel eines Aufsichtsratsmitgliedes zwingend wird. Scheidet ein Aufsichtsratsmitglied vor Ablauf seiner Amtszeit aus (etwa wegen des Erreichens einer Altersgrenze) und wird infolgedessen ein bereits bestelltes Ersatzmitglied Mitglied des Aufsichtsrats, löst dies keine Pflicht zur Anwendung der neuen Vorgaben aus.

Aufgaben des Prüfungsausschusses

Der Prüfungsausschuss wird durch den Aufsichtsrat gebildet. Seinen Aufgabenbereich bestimmt § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG. Demnach soll der Prüfungsausschuss den Rechnungslegungsprozess, die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, das Risikomanagementsystem und das interne Revisionssystem überwachen. Weiterhin überwacht er die Abschlussprüfung. Hier erweitert § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG n.F. den Aufgabenkreis des Prüfungsausschusses von der Überwachung der Auswahl und Unabhängigkeit des Abschlussprüfers auch auf die „Qualität der Abschlussprüfung“.

Prüfungsausschuss nun Pflicht

Unternehmen von öffentlichem Interesse sind nun verpflichtet, einen Prüfungsausschuss zu bilden (§ 107 Abs. 4 Satz 1 AktG). Bislang lag es im freien Ermessen des Aufsichtsrates, Ausschüsse zu bilden und Aufgaben an diese zu delegieren. Der Prüfungsausschuss ist entsprechend den Regelungen für den Aufsichtsrat gem. § 100 Abs. 5 AktG n.F. zu besetzen (s. o.). Hat der Aufsichtsrat nur drei Mitglieder, ist dieser qua Gesetz gleichzeitig der Prüfungsausschuss. Auch diese Regelungen traten am 1. Juli 2021 in Kraft. Die oben aufgeführten Übergangsregeln gelten auch für die Besetzung des Prüfungsausschusses.

Erweiterte Kompetenzen für Mitglieder in Prüfungsausschüssen

Die Auskunftsrechte der Mitglieder des Prüfungsausschusses sind nun erweitert:  Sie können nun unmittelbar bei den Leitern derjenigen Zentralbereiche der Gesellschaft, die für die Aufgaben des Prüfungsausschusses zuständig sind, Auskünfte einholen (§ 107 Abs. 4 Satz 4 AktG). Hierdurch werden die Zentraleinheiten der ersten Führungsebene unter dem Vorstand in die Verantwortung genommen. Der Ausschussvorsitzende hat eingeholte Auskünfte allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses mitzuteilen.

Fazit

Bezogen auf Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss bringt das FISG einige gewichtige Neuerungen mit sich. Zwar ist die Einrichtung eines Prüfungsausschusses ohnehin „best practice“ in den meisten Unternehmen und auch bereits in die Empfehlung D.3 DCGK aufgenommen. Dennoch sollten sich betroffene Unternehmen insbesondere mit den erweiterten Kompetenzen des Ausschusses und den erhöhten Anforderungen an die Besetzung beider Organe spätestens beim nächsten Wechsel eines Aufsichtsrats- oder Prüfungsausschussmitglieds auseinandersetzen.

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Anna-Catharina von Girsewald

Anna-Catharina von Girsewald

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