EU verabschiedet 8. Sanktionspaket als Reaktion auf völkerrechtswidrige Annexion ukrainischer Gebiete

Der Rat der Europäischen Union hat heute das 8. EU-Sanktionspaket gegen Russland angenommen. Bereits gestern hatten sich die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten unter anderem auf die rechtlichen Voraussetzungen für einen von den G7-Staaten vorgeschlagenen, Preisdeckel für russische Ölimporte verständigt.

Das Sanktionspaket enthält neue weitreichende Maßnahmen, die eine Vielzahl von Wirtschaftsbereichen treffen werden:

Neue Listung von Personen und Unternehmen

Die EU erweitert die Sanktionsliste um Personen und Unternehmen, die in die völkerrechtswidrige Annexion ukrainischer Gebiete sowie in die vorangegangenen Scheinreferenden involviert waren.

Darüber hinaus betreffen die Erweiterungen Individuen und Unternehmen, die im Militärsektor tätig sind (z. B. hochrangige Militärfunktionäre, Unternehmen, welche die russischen Truppen unterstützen). Auch Akteure, die Desinformationen verbreiten, werden erfasst. Die Maßnahmen zielen darüber hinaus auf Entscheidungsträger, Oligarchen, Propagandisten und weitere Akteure ab, die daran mitwirken, die territoriale Integrität der Ukraine zu untergraben.

Die EU führt zudem ein neues Kriterium zur Listung von Personen ein. Künftig können Finanzsanktionen auch gegen Personen erlassen werden, die Verstöße gegen das Umgehungsverbot ermöglichen oder fördern.

Neue Exportverbote

Neue Exportverbote sollen Russlands Zugang zu Militär-, Industrie- und Technologieprodukten weiter einschränken und die Fähigkeit zur Weiterentwicklung des russischen Abwehr- und Sicherheitssektors schwächen. Ausfuhrverbote bestehen künftig insbesondere für den Export von Kohle (inklusive Kokskohle), spezielle elektronische Komponenten, die in russischen Waffen verwendet werden können, weitere Luftfahrttechnologien sowie spezielle Chemikalien.

Neue Importverbote

Die EU weitet zudem die Liste von Gütern aus, die unter Einfuhrverbote fallen: Künftig dürfen in Russland fertiggestellte oder teils fertiggestellte Stahlprodukte, bestimmte Maschinen, Geräte, Plastik, Fahrzeuge, Textilien, Schuhe, Leder, Keramik, gewisse Chemikalien und Nicht-Goldschmuck nicht mehr in die EU eingeführt werden.

Einführung eines Preisdeckels für russisches Öl

Das neue Sanktionspaket schafft die rechtliche Voraussetzung dafür, dass Russland Öl künftig nur noch für wesentlich niedrigere Preise an große Abnehmer auf dem Weltmarkt verkaufen kann. Die EU setzt damit die G7-Vereinbarung zur Einführung eines Ölpreisdeckels um. Nach der neuen Regelung dürfen europäische Unternehmen russisches Öl nur in Drittländer transportieren, sofern der Preis unter einer vorher festgelegten „Obergrenze“ bleibt.

Die EU stimmt die Einführung des Ölpreisdeckels eng mit den G7-Partnern ab. Mit einem Inkrafttreten des Ölpreisdeckels ist ab dem 5. Dezember 2022 für Rohöl und ab dem 5. Februar 2023 für raffinierte Erdölerzeugnisse zu rechnen.

Weitere Maßnahmen gegen russische Staatsunternehmen

EU-Bürgern wird es durch das neue Sanktionspaket untersagt, Positionen in gewissen russischen Staatsunternehmen einzunehmen.

Darüber hinaus werden alle Transaktionen mit dem Russischen Maritim Register untersagt, in dem diese zu der Liste der im russischen Staatseigentum stehenden Unternehmen hinzugefügt wird.

Weitere Maßnahmen im Finanz-, IT- und Dienstleistungssektor

Die bereits bestehenden Verbote hinsichtlich Crypto-Anteilen werden ausgeweitet. Unter die Sanktionen fallen nun außerdem jegliche Formen an Crypto-Wallets, Crypto-Accounts und anderen Verwahrungsdiensten.

Des Weiteren wird der Umfang der Dienstleistungen, die der russischen Regierung oder russischen juristischen Personen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden dürfen, erweitert. Diese umfassen nun IT-Dienste, Rechtsberatung, Architektur- oder Entwicklungsdienstleistungen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Unternehmen mit Russlandgeschäft müssen umgehend prüfen, ob und inwieweit die Ausfuhr oder der Bezug von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen unter die neuen Beschränkungen fallen. Darüber hinaus sollten alle Geschäftspartner einer aktuellen Sanktionslistenprüfung unterzogen werden.

Wie ist die Wirkung des Ölpreisdeckels gegenüber Drittstaaten zu beurteilen?

Der neue Ölpreisdeckel der EU zielt auf eine Wirkung gegenüber Drittstaaten ab. Sofern Drittstaaten (wie z. B. Indien) russisches Öl über der für den Ölpreis vorgesehenen Grenze beziehen, wird der geplante Mechanismus dazu führen, dass EU-Unternehmen nicht mehr (oder nur noch zu wesentlich höheren, die Grenzüberschreitung kompensierenden Preisen) im Rahmen des Öl-Transports tätig werden dürfen.

Darin liegt zumindest eine mittelbare Beeinflussung auch außerhalb der Jurisdiktion liegender Unternehmen. Gleichwohl bleibt die Möglichkeit, Dienstleister aus nicht sanktionsgebundenen Staaten zu engagieren. Hieran zeigt sich auch die große Abhängigkeit der Wirksamkeit des Ölpreisdeckels von der Kooperation weiterer Nicht-EU- bzw. -G7-Staaten sowie der Unterschied zu tatsächlich exterritorial wirkenden Sanktionen.

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Stephan Müller

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