BGH zu Unterhaltsrecht bei Scheidungen von internationalen Ehen

Wird eine internationale Ehe geschieden, so stellt sich die Frage, welches Unterhaltsrecht gilt. Im Normalfall gilt das Recht des Staates, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anderes kann nur gelten, wenn das Recht eines anderen Staates ausnahmsweise eine engere Verbindung zu Ehe hatte oder eine entsprechende Rechtswahl getroffen wurde.

Das kann dazu führen, dass einem Ehepartner Unterhalt nach deutschem Recht zusteht, auch wenn die Partner zuvor über 20 Jahre in verschiedenen Ländern im Ausland lebten, im Ausland heirateten, sich dort scheiden ließen und der unterhaltspflichte Ehepartner erst nach der Scheidung nach Deutschland zurückkehrte. Diesen Fall hat der BGH mit Urteil vom 11. Mai 2022 entschieden (Aktenzeichen XII ZB 543/20).

Deutsches Recht kann gelten, auch wenn Ehepartner lange im Ausland lebten

In dem entschiedenen Fall lebte ein deutsches Paar wegen des Arbeitsverhältnisses des Ehemanns bei einem weltweit tätigen Mineralölunternehmen im Laufe ihrer Ehe in verschiedenen Ländern. Der Ehemann sollte jeweils befristet auf vier Jahre an internationalen Standorten beschäftigt sein. Nachdem das Paar – nach zwischenzeitlicher Verlängerung – neun Jahre in den Niederlanden wohnte, zog es für vier Jahre in das Sultanat Brunei und lebte seit 2012 im US-Bundesstaat Texas. Dort wurde ihre Ehe 2017 geschieden. Während der Mann weiterhin in Texas lebte, kehrte die Frau nach der Scheidung nach Deutschland zurück und klagte hier auf nachehelichen Unterhalt.

Der BGH stellte heraus, dass sich die Frage des anwendbaren Unterhaltsrechts nach dem Haager Protokoll vom 23. November 2007 (HUP) richte. Danach sei im Grundsatz das Recht desjenigen Staates anwendbar, in dem die anspruchsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist durch die Rückkehr der Ehefrau nach Deutschland deutsches Recht. Nur wenn Anhaltspunkte für eine engere Verbindung der Ehe zum Recht eines anderen Staates vorliegen, könne ausnahmsweise der gewöhnliche Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten als Anknüpfungspunkt hinter diesem zurücktreten.

Haager Protokoll: Kriterium des letzten gemeinsamen Aufenthaltes hat nur Beispielcharakter

Zwar werde der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten im HUP als Kriterium für eine solche engere Verbindung genannt. Dieses habe jedoch nur Beispielcharakter, so der BGH. Wenn der letzte gemeinsame Aufenthalt nur befristet angelegt sei, würden die Ehegatten meist keine ausreichend starke Verbindung zu diesem Staat aufbauen. Auch gab es hier keine anderen Kriterien, die eine besondere Nähe zum Recht eines anderen Staates als Deutschland annehmen ließen.

Bereits 2013 hatte sich der BGH mit der Frage nach internationalem Unterhalt beschäftigt (Urteil vom 26.6.2013 − XII ZR 133/11). Hier bejahte der BGH in einem umgekehrten Fall die Anwendung deutschen Rechts als das Recht der engeren Verbindung, obwohl die Unterhaltsberechtigte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatte. Das deutsch-schweizerische Paar hatte in Deutschland geheiratet und dort für die Dauer ihrer Ehe 18 Jahre lang gelebt. Nach der Trennung zog die Frau zurück in die Schweiz und klagte dort auf nachehelichen Unterhalt.

Vorsorgeregelungen treffen

Die inzwischen recht einfache Möglichkeit, in anderen Ländern zu leben und zu arbeiten, führt zu einer großen Fülle von rechtlichen Unsicherheiten. Auf die im internationalen Privatrecht vorherrschenden Begriffe wie die „engere Verbindung“ oder den „gewöhnlichen Aufenthalt“ und deren Auslegung durch die Gerichte sollten sich Menschen mit Verbindungen zum Ausland – sei es etwa durch Auslandsaufenthalte oder dort gelegenes Vermögen – besser nicht verlassen.

Die möglichen Risiken sollten frühzeitig geprüft und durch Abschluss von Vorsorgeregelungen wie Eheverträgen, Testamenten und Vorsorgevollmachten beseitigt werden, die in den betroffenen Ländern anerkannt sind und darin – soweit möglich – eine ausdrückliche Rechtswahl treffen.

Für den Verzicht auf Unterhaltsansprüche gilt nach dem HUP aber auch bei einer Rechtswahl stets das Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person, so dass darauf geachtet werden muss, dass dieses einen solchen Verzicht anerkennt. In einigen Ländern ist der Verzicht etwa erst nach Beendigung der Ehe möglich.

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