Arbeitsrecht17.08.2022 Newsletter

Auslandsentsendung im Kontext des geänderten Nachweisgesetzes und der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie

Die Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie im Nachweisgesetz ist aktuell in aller Munde. Die neuen Informations- und Nachweispflichten betreffen auch Arbeitnehmerentsendungen ins Ausland. Für die Unternehmen besteht also auch hier Handlungsbedarf, den wir nachfolgend zusammenfassen.

Seit dem 1. August 2022 gelten nicht nur neue verschärfte Informationspflichten hinsichtlich geltender Arbeitsbedingungen für Arbeitgeber, sondern auch neue bußgeldbewehrte Nachweispflichten. Die Neuregelung des § 2 Abs. 2 und 3 des Nachweisgesetzes geben explizite Vorgaben für Informationen bei Auslandsentsendungen.   

Die bis zum 30. Juli 2022 geltende Fassung des Nachweisgesetzes sah vor, dass die Dauer der im Ausland auszuübenden Tätigkeit, die Währung, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird, ein zusätzliches mit dem Auslandsaufenthalt verbundenes Arbeitsentgelt und damit verbundene zusätzliche Sachleistungen sowie die vereinbarten Bedingungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers dokumentiert werden müssen. Nach der Novelle des Nachweisgesetzes für Auslandsentsendungen gelten nun erweiterte Dokumentations- und Nachweispflichten.

So sind seit dem 1. August 2022 Mitarbeitende bei Auslandsentsendungen mit einer Dauer von länger als vier aufeinanderfolgenden Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland vor deren Abreise ins Ausland nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Nachweisgesetz über Folgendes zu unterrichten:

  • über das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, und die geplante Dauer der Arbeit,
  • die Währung, in der die Entlohnung erfolgt,
  • sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
  • die Angabe, ob eine Rückkehr des Mitarbeitenden vorgesehen ist, und ggf. die Bedingungen der Rückkehr.

Neue Regelungen gelten nun nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 Nachweisgesetz auch für Entsendungen im Rahmen des Geltungsbereichs des Arbeitnehmerentsendegesetzes. Hier ist der Mitarbeitende auch über die Vergütung zu unterrichten, die er nach dem geltenden Recht im Aufnahmestaat beanspruchen darf. Dem Mitarbeitenden ist zudem ein Link zur offiziellen nationalen Webseite des Aufnahmestaates nach dem Binnenmarkt-Informationssystem zuzuleiten (IMI, vgl. Startseite - IMI - Europäische Kommission (europa.eu)).

Zwar mögen die Neuerungen auf den ersten Blick nicht gravierend erscheinen. Angesichts einer möglichen Ahndung der Verletzung der Nachweispflicht als Ordnungswidrigkeit mit einem in bis zu vierstelliger Höhe bewehrten Bußgeld sollten die entsprechenden Anforderungen jedoch mit besonderer Sorgfalt geprüft und umgesetzt werden.

Doch Auslandsentsendungen sind aus rechtlicher Sicht nicht nur im Kontext des Nachweisgesetzes komplex. So stellen sich bereits bei der Vertragsgestaltung die Frage, welches Vertragsmodell (Ein- oder Zweivertragsmodell) umgesetzt werden kann. Als Richtwert gilt, dass bei einer Eingliederung eines Beschäftigten in die Betriebsorganisation eines ausländischen Konzernarbeitgebers das Zweivertragsmodell umzusetzen ist – d. h. Ruhendstellung des Arbeitsverhältnisses mit der deutschen Gesellschaft und Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der ausländischen Gesellschaft. Zudem ist zu beachten, dass in einzelnen Ländern Ausländer zwingend ein Arbeitsverhältnis mit einer inländischen Gesellschaft des ausländischen Staates haben müssen.

Aus den gesetzlichen Neuregelungen ergibt sich zwar nicht, ob bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis im Zweivertragsmodell die bußgeldbewährte Pflicht gilt, die zu entsendenden Mitarbeitenden über mögliche individualrechtliche, ggf. auch sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtliche Folgen vor der Entsendung zu informieren. Jedoch sollte dies ohnehin geschehen, denn eine solche Verpflichtung besteht bereits aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

Die Kritik am Nachweisgesetz gilt einmal mehr zu wiederholen: Die Dokumentation an den Beschäftigten muss in Schriftform erfolgen. Das ist bei Auslandsentsendung ein nochmal größeres Paket. Wenn man sich dabei vor Augen führt, dass der Gesetzgeber nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 NachwG die Zuleitung eines Weblinks an den Arbeitnehmer erfordert, bleibt dieses nur schwer verständlich. Es ist schlicht lebensfremd zu erwarten, dass ein Link in Papierform zur Verfügung gestellt wird und dann abgerufen wird. Wurde in der Begründung zum Betriebsrätemodernisierungsgesetz im Jahr 2021 noch auf die Digitalisierung und den dadurch ausgelösten Wandel in der Arbeitswelt Rücksicht genommen, will man davon nun nichts mehr wissen.

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Cornelia-Cristina Scupra

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Jörn Kuhn

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