Schadensersatzverfahren um sog. Lkw-Kartell: Oppenhoff vertritt „TIP Trailer Services Germany GmbH“

Seit einigen Jahren laufen vor dem LG München I mehrere Kartellschadensersatzverfahren gegen das sog. Lkw-Kartell. Zum Zwecke der gemeinsamen Beweisaufnahme wurden nun Ende November 36 Verfahren verbunden; es geht um Schadensersatzansprüche in Gesamthöhe von über 500 Millionen Euro. Zur Schadensermittlung stand ein fünftägiger gemeinsamer Verhandlungsmarathon mit Sachverständigenanhörung in der Münchener Wappenhalle auf dem Plan. Dr. Vanessa Pickenpack und Dr. Daniel Dohrn vertreten einen von Europas größten Truckvermietern, die „TIP Trailer Services Germany GmbH“. Auch sie hat Kartellschäden in Millionenhöhe eingeklagt. Währenddessen steht mit dem „Reifenkartell“ bereits das nächste große Kartellverfahren gegen die sechs größten Reifenhersteller der Welt in den Startlöchern.

Das Landgericht (LG) München I ist zuständig für eines der größten Kartellschadensersatzkomplexe der deutschen Justizgeschichte. In mindestens 36 parallelen Verfahren verlangen Abnehmer von Lkw von den Beteiligten des sog. Lkw-Kartells Schadensersatz wegen Kartellpreisaufschlägen. Vom 24.11.2025 bis einschließlich 28.11.2025 November 2025 fand eine gemeinsame Beweisaufnahme mit ca. 130 Beteiligten statt. Um alle unterbringen zu können, hatte das Gericht extra die Wappenhalle in München Riem angemietet.

Die Oppenhoff-Partner Dr. Vanessa Pickenpack und Dr. Daniel Dohrn vertreten in einem der Prozesse die „TIP Trailer Services Germany GmbH“ gegen das LKW-Kartell. Sachverständig unterstützt werden sie durch die Wettbewerbsökonomen Prof. Ralf Dewenter und Prof. Gordon Klein von der eDEAS economics GmbH. Allein in diesem Verfahren geht es um rund 1000 Lkw und Schadensersatz im Millionenbereich. Ein weiteres Kartellschadensersatzverfahren, in dem Oppenhoff die TIP Trailer Services Germany GmbH vertritt, läuft vor dem Landgericht Hannover. Hier geht es um Schadensersatz für rund 12.000 Lkw und um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Das Lkw-Kartell

Die EU-Kommission hatte im Juli 2016 und im September 2017 Bußgeldbescheide gegen MAN, Volvo/Renault, Daimler (heute Daimler Truck), Iveco, DAF und Scania erlassen, da diese durch Absprachen über Preise und Bruttolistenpreiserhöhungen für mittelschwere und schwere Lkw sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für diese Fahrzeuge nach den Abgasnormen EURO 3 bis EURO 6 gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen haben.

Für die Zuwiderhandlung, die sich über den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstreckte und vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 andauerte, verhängte die Kommission gegen die Lkw-Hersteller Rekordbußgelder in Höhe von insgesamt 3,8 Milliarden Euro.

Über etwaige Schadensersatzansprüche von Abnehmern der Lkw haben jedoch Zivilgerichte zu entscheiden, so unter anderem das LG München I.

Gerichtliche Aufarbeitung und Beweisaufnahme vor LG München I

Die 37. Zivilkammer des LG München I hatte bereits im November 2019 zwei Wettbewerbsökonomen damit beauftragt, gutachterlich zu klären, ob das festgestellte kartellrechtswidrige Verhalten auf dem deutschen Lkw-Markt zu höheren Preisen führte und – wenn ja – wie hoch der Preisaufschlag war.

Die Sachverständigen hatten zwei schriftliche Gutachten erstattet, in denen sie das Vorliegen und die Höhe eines Kartellpreisaufschlags mit den Mitteln der Regressionsanalyse (statistisches Analyseverfahren) ermittelten. In der einwöchigen Beweisaufnahme wurden die Gutachter nun angehört und mit den Einwendungen der Parteien konfrontiert. Am Ende blieben die Sachverständigen bei ihrer Einschätzung, dass das Lkw-Kartell bei allen Herstellern zu einem Preisaufschlag und damit zu einem Schaden bei den Abnehmern geführt hat. Die konkrete Höhe des Preisaufschlags und des Schadens muss allerdings das Gerichts noch selbst schätzen.

Langwierige Verfahren stehen bevor

Gesetzgebung und Rechtsprechung sind tendenziell klägerfreundlich. In den letzten Jahren sind zahlreiche Urteile in Kartellschadensersatzverfahren ergangen. Allein der Bundesgerichtshof (BGH) hat mittlerweile sechs Urteile zum Lkw-Kartell gefällt. Zuletzt stärkte er erneut die Position geschädigter Unternehmen gegenüber den Kartellanten und führte seine klägerfreundliche Rechtsprechung fort (BGH, Urteil vom 08.04.2025, Az. KZR 71/32, LKW-Kartell VI).

Dennoch:Kartellschadensersatzverfahren sind komplex.Zunächst muss geklärt werden, ob und in welcher Höhe die Kartellabsprachen zu einem Schaden geführt haben. In einem zweiten Schritt steht die Feststellung des sog. Pass-On an. Dabei wird geklärt, ob das geschädigte Unternehmen durch seine eigene Preissetzung einen Teil des erlittenen Schadens an die nachgelagerte Marktstufe weitergereicht und sich der Schaden dadurch minimiert hat – im Fall des Lkw-Kartells etwa durch das Verleasen der betroffenen Lkw.

Reifenkartell um Continental, Michelin, Pirelli, Nokian, Bridgestone und Goodyear

Während die Verfahren um das Lkw-Kartell weiterhin voll im Gange sind, deutet sich bereits der nächste große Fall an. Seit Januar 2024 ermittelt die EU-Kommission gegen sechs der größten Reifenhersteller – Continental, Michelin, Pirelli, Nokian, Bridgestone und Goodyear – wegen des Verdachts auf koordinierte Preisabsprachen. Die Untersuchungen betreffen nahezu alle relevanten Reifensegmente, insbesondere Lkw-, Pkw-, Transporter-, Traktor- und Busreifen, aber auch Motorrad- und sogar Fahrradreifen.

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wird auch dieser Kartellkomplex mit Sicherheit viele Schadensersatzklagen nach sich ziehen. Kunden der dursuchten Reifenhersteller sollten schon jetzt damit beginnen, relevante Unterlagen, wie Rechnungen, Bestellungen und Korrespondenz aus den letzten 10 bis 20 Jahren zu sammeln und zu sichern. Denn eine solide Dokumentation kartellbetroffener Erwerbsvorgänge sind das A und O einer belastbaren Schadensersatzklage. Die Verjährung von Ansprüchen muss indes noch niemand befürchten. Während der laufenden Ermittlungen der Kartellbehörde sind die Verjährungsfristen gehemmt.

Wir verfolgen die Entwicklungen genau und werden Geschädigte frühzeitig dabei unterstützen, ihre Ansprüche auch in diesem neuen Kartellverfahren effektiv zu sichern und geltend zu machen.

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Dr. Vanessa Pickenpack

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