03.03.2025 Newsletter

Mehr als nur ein Pfiff: Warum Schiedsverfahren nicht alles im Sport sind

Im Sport kämpfen nicht nur die Athleten um den Sieg – auch abseits des eigentlichen Sports können Entscheidungen im Rahmen von Vertragsverhandlungen wegweisend für die Zukunft sein. Die Interessen von Sportlern, Vereinen, Sponsoren, Medienunternehmen und anderen Akteuren sind eng miteinander verflochten, was häufig zu komplexen vertraglichen Vereinbarungen führt. Umso wichtiger ist es, bereits bei der Vertragsgestaltung für den Fall eines Rechtsstreits vorzusorgen und festzulegen, wo und vor allem vor welchem Gericht ein solcher Streit im Ernstfall ausgetragen werden soll. Hierbei stellt sich früh die entscheidende Frage: Schiedsklausel oder Gerichtsvereinbarung?

Gerichtsvereinbarungen im Sportbereich: Eine oft unterschätzte Bedeutung

Durch Vereinbarung einer Schiedsklausel legen die Vertragsparteien fest, dass Rechtsstreitigkeiten vor einem Schiedsgericht ausgetragen werden müssen, wohingegen sich die Parteien mit einer Gerichtsstandsvereinbarung für die Austragung des Rechtsstreits vor den staatlichen Gerichten entscheiden. Im Rahmen beider Klauseln regeln die Vertragsparteien außerdem typischerweise an welchem Ort der Rechtsstreit geführt wird.

Gerichtsstandsvereinbarungen haben zu Unrecht ein angestaubtes Image. Zwar wird häufig argumentiert, dass staatliche Gerichtsverfahren aufgrund ihrer Dauer unattraktiv seien, da je nach Umfang und Komplexität des Sachverhalts Jahre vergehen können, bis das Gericht eine erstinstanzliche Entscheidung fällt. Schiedsverfahren hingegen gelten oft als schnelle und flexible Lösung. Doch man sollte sich nicht von den vermeintlichen Vorteilen voreilig blenden lassen. In welchen Fällen sind Gerichtsstandsklauseln die bessere Wahl und warum?

Angestaubtes Image ade: Welche Vorteile Gerichtsstandsvereinbarungen bieten

1. Kosten: Staatliche Gerichte als wirtschaftlichere Alternative

Die Kostenfrage ist ein zentraler Aspekt bei der Entscheidung zwischen Schiedsklausel oder Gerichtsstandsvereinbarung. Während bei staatlichen Gerichten die Gerichtskosten durch feste Gebührenordnungen (z. B. das Gerichtskostengesetz in Deutschland) geregelt sind, können die Kosten eines Schiedsverfahrens erheblich variieren:

  • Zusätzliche Honorare: Schiedsverfahren erfordern die Bezahlung von Schiedsrichtern, deren Honorare sich oft nach dem Streitwert richten und schnell in die Tausende oder gar Zehntausende Euro gehen können. Hinzu kommen Gebühren für die Schiedsinstitution, die ebenfalls nicht unerheblich sind.
  • Kosten-Nutzen-Verhältnis: Gerade bei Streitigkeiten mit einem niedrigen oder mittleren Streitwert (z. B. im fünf- oder sechsstelligen Bereich) stehen die Kosten eines Schiedsverfahrens häufig in keinem sinnvollen Verhältnis zum Streitwert. Staatliche Gerichtsverfahren sind hier eine wirtschaftlichere und planbare Alternative.

2. Kontrolle durch Instanzenzug: Mehr Sicherheit durch Überprüfung

Ein wesentlicher Vorteil staatlicher Gerichtsverfahren ist die Möglichkeit des Instanzenzugs. Anders als bei Schiedsverfahren, bei denen die Entscheidung der Schiedsrichter in der Regel endgültig ist, können Parteien bei staatlichen Gerichten Rechtsmittel einlegen.

  • Fehlerkorrektur: Der Instanzenzug ermöglicht es, Fehler in der erstinstanzlichen Entscheidung durch ein höheres Gericht überprüfen und korrigieren zu lassen. Dies schafft eine zusätzliche Sicherheit für die Parteien.
  • Rechtsfortbildung: In bestimmten Fällen können bislang ungeklärte Rechtsfragen bis zum Bundesgerichtshof gebracht werden. Dies trägt nicht nur zur Klärung der individuellen Streitigkeit bei, sondern auch zur Weiterentwicklung des Rechts und zur Schaffung von Präzedenzfällen.

3. Rechtssicherheit und Transparenz: Klare Regeln statt Unsicherheiten

Staatliche Gerichtsverfahren bieten ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Transparenz, da sie klaren gesetzlichen Vorgaben unterliegen.

  • Verfahrensregeln: Der Ablauf eines Verfahrens ist durch die Zivilprozessordnung (ZPO) genau geregelt, was den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten von Anfang an klare Orientierung bietet.
  • Vorhersehbarkeit: Durch die Auswertung bereits ergangener Urteile, die in der Regel öffentlich zugänglich sind, können die Parteien im Vorfeld eine Einschätzung über den möglichen Ausgang des Verfahrens treffen. Diese Transparenz fehlt bei Schiedsverfahren, deren Entscheidungen oft vertraulich bleiben.
  • Vertrauen: Die Vertrautheit mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Verfahrensweise vor staatlichen Gerichten gibt den Parteien das Vertrauen, dass ihre Interessen fair und unparteiisch behandelt werden.

4. Durchsetzung: Effizienz bei der Vollstreckung von Urteilen

Ein weiterer Vorteil staatlicher Gerichtsverfahren liegt in der einfachen Durchsetzbarkeit der Urteile.

  • Innerhalb der EU: Dank der Brüssel Ia-Verordnung sind Entscheidungen deutscher Gerichte innerhalb der EU ohne gesondertes Anerkennungsverfahren vollstreckbar. Dies spart Zeit und Kosten.
  • International: Auch außerhalb der EU sind Urteile deutscher Gerichte in vielen Ländern leichter durchsetzbar als Schiedssprüche, die zunächst nach dem New Yorker Übereinkommen anerkannt werden müssen. Dieses Verfahren kann zusätzliche Hürden und Verzögerungen mit sich bringen.

5. Vertraulichkeit: Neue Möglichkeiten durch § 273a ZPO

In der Regel wird die Vertraulichkeit als ein Vorteil von Schiedsverfahren angesehen. Doch mit der Einführung von § 273a ZPO zum 1. April 2025 hat der deutsche Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, die auch bei staatlichen Gerichtsverfahren Vertraulichkeit ermöglicht.

  • Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Auf Antrag einer Partei kann das Gericht bestimmte Informationen als geheimhaltungsbedürftig einstufen, wenn sie Geschäftsgeheimnisse betreffen. Dies schließt eine bisher bestehende Lücke und macht staatliche Gerichtsverfahren auch für Unternehmen attraktiver, die sensible Informationen schützen möchten.

 

Fazit: Gerichtsstandsklauseln als strategisches Werkzeug im Sport

Schiedsverfahren haben in der Sportbranche, insbesondere bei internationalen oder hochkomplexen Streitigkeiten, zweifellos ihre Berechtigung. Doch nicht jeder Konflikt im Sportbereich erfordert ein aufwendiges und teures Schiedsverfahren. Gerade bei Streitigkeiten ohne internationalen Bezug oder mit überschaubarem Streitwert bieten Gerichtssvereinbarung eine attraktive Alternative. Für kleinere Akteure in der Sportbranche, die nicht über die finanziellen Ressourcen für ein Schiedsverfahren verfügen, sind staatliche Gerichtsverfahren oft die bessere Wahl. Die Möglichkeit des Instanzenzugs, die klaren Verfahrensregeln und die einfache Durchsetzbarkeit von Urteilen machen Gerichtsstandsklauseln zu einem wichtigen Bestandteil der strategischen Vertragsgestaltung abseits des eigentlichen Sports.

 

 

 

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Caterina Hanke

Caterina Hanke

Junior PartnerinRechtsanwältin

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