Nachhaltigkeit, Handel und KonsumgüterAußenhandel / Compliance & Internal Investigations20.11.2025 Newsletter
EU-Lieferkettengesetz soll gelockert werden: Compliance-Systeme bleiben für Unternehmen unverzichtbar
Das EU-Parlament hat erneut über das sogenannte Lieferkettengesetz abgestimmt und sich für eine stark abgeschwächte Version ausgesprochen. Für Unternehmen bleibt dennoch eine lieferkettenbezogene Compliance unverzichtbar.
Nach dem deutschen Gesetzesentwurf zur Entschärfung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) hat nun das EU-Parlament am 13. November 2025 per Beschluss seine Verhandlungsposition zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Sorgfaltspflichten für Unternehmen angenommen.
- Eine Vielzahl von Unternehmen sollen durch eine Erhöhung der Schwellenwerte nicht mehr unter die Nachhaltigkeitsberichterstattungs- und Sorgfaltspflichten fallen.
- Inhaltliche Anforderungen sollen sinken, insbesondere was die Berichtsstandards und das Einholen von Informationen entlang der Lieferkette betrifft.
- Es bleiben dennoch Unsicherheiten für Unternehmen und funktionierende Compliance-Systeme sind weiterhin alternativlos.
Im Einzelnen:
Erhöhung der Schwellenwerte
Die Schwellenwerte, ab denen ein Unternehmen (künftig) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sein soll, sollen deutlich angehoben werden. In Zukunft sollen nur noch Unternehmen mit durchschnittlich über 1.750 Beschäftigten und einem Jahresnettoumsatz von mehr als 450 Millionen Euro zur sozialen und ökologischen Berichterstattung verpflichtet sein.
Ähnliche Pläne gibt es auch im Bereich der Lieferkettensorgfaltspflichten. Diese sollen künftig nur noch für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem jährlichen Nettoumsatz von über 1,5 Milliarden Euro gelten.
Vereinfachung der Berichtspflichten
Neben der Erhöhung der Schwellenwerte sehen die Pläne des EU-Parlaments auch erhebliche inhaltliche Anpassungen vor.
Die Berichtsstandards im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen deutlich vereinfacht werden. Dazu sollen die Berichtspunkte reduziert und branchenspezifische Berichterstattung zukünftig freiwillig werden. Außerdem ist ein besserer Schutz kleinerer Unternehmen vorgesehen. Geplant ist, dass diese nur noch im begrenzten Rahmen verpflichtet werden sollen, Informationen an größere Geschäftspartner weitergeben zu müssen.
Änderungen bei Lieferkettensorgfaltspflichten
Umfassende Änderungen soll es auch im Bereich der Lieferkettensorgfaltspflichten geben. Betroffene Unternehmen sollen künftig nicht mehr verpflichtend systematisch Informationen von kleineren Geschäftspartnern einholen, sondern diese nur im Ausnahmefall anfordern müssen. Übergangspläne, um das Geschäftsmodell mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang zu bringen, sollen künftig entfallen.
Die Leitlinien für Sanktionen bei Verstößen sollen gemäß den Plänen des Parlaments durch die Kommission und die Staaten festgelegt werden. Dabei sollen Geldbußen bei Verstößen gegen Sorgfaltspflichten sowie ein Anspruch der betroffenen Personen auf vollständigen Schadensersatz weiterhin berücksichtigt werden. Die Pläne des Parlaments sehen darüber hinaus die Schaffung eines digitalen Portals mit umfassenden Informationen zu EU-Berichtspflichten und entsprechenden Vorlagen vor, um die praktische Umsetzung dieser Pflichten zu vereinfachen.
Auswirkungen für Unternehmen
Die geplanten Vereinfachungen reihen sich in zahlreiche Bestrebungen des europäischen und deutschen Gesetzgebers ein, die bürokratischen Belastungen für Unternehmen zu reduzieren. Auch der deutsche Gesetzgeber hat einen Entwurf zur Entschärfung des deutschen Lieferkettengesetzes bereits auf den Weg gebracht (Wir berichteten hier).
Entscheidungsträger in Unternehmen sollten allerdings aus den Meldungen über geplante Vereinfachungen keine vorschnellen Schlüsse ziehen.
Es gilt zunächst zu berücksichtigen, dass die vom EU-Parlament gebilligte Verhandlungsposition nicht rechtskräftig ist. Bis eine finale und rechtssichere Anpassung der entsprechenden Rechtsakte in Kraft tritt, kann es bei Verhandlungen mit der Kommission und den Mitgliedstaaten also noch zu Änderungen kommen.
Selbst wenn die vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen in dieser Form in Kraft träten, würden dadurch nicht sämtliche Berichts- und Lieferkettensorgfaltspflichten für Unternehmen entfallen. Der Kern der bislang vorgesehenen Verpflichtungen bleibt insbesondere für große Unternehmen bestehen. Auch bei Verstößen gegen Lieferkettensorgfaltspflichten drohen weiterhin Bußgelder und Schadenersatzansprüche.
Daher sollten die Compliance-Strukturen nicht zurückgefahren und die Entwicklungen auf europäischer und nationaler Ebene weiterhin aufmerksam verfolgt werden.
Wir begleiten unsere Mandanten dabei, ihre Sorgfaltspflichten sowohl im eigenen Unternehmen als auch in der gesamten Wertschöpfungskette rechtssicher zu gestalten. Im Mittelpunkt stehen für uns die deutschen und europäischen Anforderungen an die Lieferketten-Compliance und Berichtspflichten der Unternehmen z.B. nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Wir beziehen zudem sämtliche damit verknüpften Rechtsfragen ein und stellen sicher, dass alle relevanten Compliance- und Governance-Themen umfassend und aus einer Hand abgedeckt werden.

