Arbeitsrecht26.04.2023 Newsletter

4-Tage-Woche: Was arbeitsrechtlich zu beachten ist

Spätestens seit dem sechsmonatigen Pilotprojekt in Großbritannien ist auch hierzulande die Einführung einer 4-Tage-Woche in aller Munde. Zuletzt hatte die IG Metall die Forderung nach einer 4-Tage-Woche für die Ende 2023 startende Tarifrunde in der Stahlindustrie ins Spiel gebracht.

Auch darüber hinaus kann die Einführung der 4-Tage-Woche zumindest aktuell einen echten Wettbewerbsvorteil um die Gunst von Fachkräften sein. Unternehmen, die die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten auf eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich verkürzt haben, berichten, dass sie seither eine größere Auswahl an Bewerberinnen und Bewerbern haben. Auch aktuelle Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass jeder Dritte seine Vollzeittätigkeit gerne auf weniger Tage pro Woche verkürzen würde.

Einführung einer 4-Tage-Woche qua Direktionsrecht?

Die Einführung der 4-Tage-Woche steht grundsätzlich im freien Ermessen des Arbeitgebers. Vorbehaltlich abweichender Regelungen im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber daher im Rahmen seines Direktionsrechtseinseitig die Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit auf vier Arbeitstage in der Woche bei gleichbleibendem Arbeitsentgelt anordnen. Einen Anspruch hierauf haben Beschäftigten jedoch nicht.

Vor der Umsetzung einer 4-Tage-Woche sollte allerdings kritisch geprüft werden, ob und inwieweit dies zu einer Ungleichbehandlung im Rahmen bestehender Vergütungsstrukturen führt, etwa bei Vereinbarungen mit Teilzeitkräften.

Arbeitszeitrechtliche Vorgaben beachten

Auch im Rahmen einer 4-Tage-Woche sind die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zu beachten: Danach darf die werktägliche Arbeitszeit der Beschäftigten acht Stunden nicht überschreiten, § 3 Satz 1 ArbZG. Sie kann jedoch auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden, § 3 Satz 2 ArbZG.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das ArbZG grundsätzlich von einer Sechs-Tage-Woche, also insgesamt von bis zu 48 Wochenarbeitsstunden ausgeht. Wird die Arbeitszeit auf weniger als sechs Werktage pro Woche verteilt, kann also mehr als acht, höchstens aber bis zu zehn Stunden pro Werktag gearbeitet werden. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von beispielsweise 40 Stunden wäre es also möglich, eine Vier-Tage-Woche einzuführen, ohne die Arbeitszeit zu verkürzen. Die 40 Stunden könnten dann auf vier Arbeitstage mit jeweils max. zehn Stunden pro Werktag verteilt werden.

Darüber hinaus bestehen gesetzliche Einschränkungen, z. B. für werdende und stillende Mütter oder auch für Jugendliche.

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber auch im Falle einer 4-Tage-Woche die gesetzlich vorgeschriebene ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit einhalten, § 5 Abs. 1 ArbZG.

Weitergehende Vergütungsansprüche

Durch die Verteilung der Arbeitszeit auf bestimmte Tage kann es zur Einführung eines Schichtsystems kommen (zu Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats siehe unten). Schichtsysteme lösen nach Maßgabe vieler Tarifverträge Schichtzulagen aus, welche dann an die Beschäftigten ausgezahlt werden müssen. Insoweit kann auch die Verteilung der Arbeitszeit auf eine 4-Tage-Woche im Schichtsystem zu Zahlung einer Schichtzulage führen, wenn etwa eine Gruppe stets Montag bis Donnerstag arbeitet, die andere Gruppe von Dienstag bis Freitag und nach einem Monat wird rolliert.

Besonderheiten bestehen zudem, wenn Arbeitstage auf gesetzliche Feiertage fallen, denn grundsätzlich darf der Arbeitgeber seine Beschäftigte nicht dazu auffordern, einen fehlenden Feiertag an seinem arbeitsfreien Tag nachzuholen. Ob die Vergütung auch an Feiertagen zu zahlen ist, hängt letztlich davon ab, ob die Arbeitstage bereits zuvor festgelegt waren oder ob der Beschäftigte in einem Schichtsystem arbeitet.

Auch bei einer 4-Tage-Woche müssen Krankheitstage von Beschäftigten nicht nachgeholt werden und die Pflicht zur Zahlung der Vergütung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) entfällt nicht. Zu bedenken ist allerdings, dass krankheitsbedingte Ausfälle an einzelnen Arbeitstagen einer 4-Tage-Woche deutlich teurer sind, da der Ausfall für einen Arbeitstag dann bis zu zehn Stunden statt vormals bis zu acht Stunden kostet.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat hat bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage ein Mitbestimmungsrecht nach§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Hiervon umfasst ist auch die Frage, an wie vielen Tagen in der Woche gearbeitet werden soll. Bei der kollektiven Einführung der 4-Tage-Woche ist daher zwingend der Betriebsrat zu beteiligen.

Darüber hinaus kann ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3BetrVG eröffnet sein, so bei Überstunden oder einer vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit.

Soweit mit der 4-Tage-Woche auch die Aufstellung neuer Lohngrundsätze einhergeht, kann ebenso ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorliegen.

Fazit

Eine 4-Tage-Woche ist sowohl individualrechtlich als auch kollektivrechtlich ohne Weiteres umsetzbar. Entgegenstehen können eher praktische Erwägungen.

Wenn einerseits Kapazitäten wegfallen und die Arbeitsleistung nur noch an vier Tagen pro Woche erbracht wird, besteht möglicherweise am 5. Tag ein höherer Bedarf an Arbeitskräften, sodass Arbeitskapazitäten erst aufgebaut oder bedarfsorientiert verteilt werden müssen. Vereinzelt bieten Arbeitgeber in diesem Fall Erhöhungen der Arbeitszeit auf 42 oder 44 Stunden/Woche mit entsprechendem Lohnausgleich an. Wesentlicher Nachteil ist, dass arbeitszeitrechtliche Ausgleichszeiträume nicht zwingend eingehalten werden können. Eine entsprechende Kapazitätsauslastung bedarf daher im Vorfeld einer durchdachten Personalplanung. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.

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Annabelle Marceau

Annabelle Marceau

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