Arbeitsrecht12.08.2021 Newsletter

Impfbonus, Impfregister: Für Unternehmen jetzt alles uneingeschränkt zulässig?

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat am 10. August 2021 getagt. Ab dem 11. Oktober 2021 fällt das Angebot kostenloser Bürgertests weg. Unternehmen sind aufgefordert, das Impfen zu unterstützen. Unser Partner Jörn Kuhn erklärt, worauf beim Impfen im betrieblichen Umfeld zu achten ist und beleuchtet kurz die wesentlichen arbeitsrechtlichen Punkte der aktuellen Beschlussfassung.

Seit Mai diesen Jahres finden sich auf den Internetseiten der U.S. Equal Employment Opportunity Commission klare Aussagen für US-Unternehmen zum Umgang mit dem Impfen (What You Should Know About COVID-19 and the ADA, the Rehabilitation Act, and Other EEO Laws | U.S. Equal Employment Opportunity Commission (eeoc.gov)). Demnach ist es zulässig, nur geimpften Beschäftigten Zugang zum Unternehmen zu gewähren. Auch die Zahlung von Incentives als Anreiz zum Impfen sind bejaht worden.  

Derart klare Aussagen sind in Deutschland nicht zu erwarten. In der Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz heißt es: Bund und Länder fordern die Arbeitgeber in Deutschland auf, ihrerseits ihre Mitarbeiter bei der Wahrnehmung von Impfangeboten zu unterstützen, insbesondere durch Information von Beschäftigten, Schaffung von betrieblichen Impfangeboten durch Betriebsärzte sowie Freistellung der Beschäftigten zur Wahrnehmung von Impfangeboten. In der betrieblichen Praxis stellen sich darüber hinaus immer wieder Fragen zum Datenschutz.

Impfbonus jetzt zulässig – Betriebsrat einbinden

Die Zahlung eines Impfbonus oder die Gewährung anderer Leistungen wie z. B. arbeitsfreie Tage sind bislang nur zögerlich umgesetzt worden. Solange nicht genügend Impfstoff vorhanden war, hätte die Zahlung eines solchen Impfbonus nicht allen Beschäftigten in gleichem Maße angeboten werden können. Hier hat sich der Sachverhalt geändert. Die Gewährungen von Leistungen ist mit dem Überangebot zulässig.

Unternehmen haben jedoch zu beachten, dass dieser Impfbonus nicht nur den Beschäftigten zu gewähren ist, die sich jetzt impfen lassen, sondern auch bereits geimpften Beschäftigten. Wird ein Impfbonus gewährt, berührt das in der Regel die betriebliche Mitbestimmung. Zwar entscheidet der Arbeitgeber über das Ob der Gewährung der Leistung.  Über die Verteilungsmechanismen ist eine Regelung mit dem Betriebsrat zu treffen.

Spannend bleibt die Frage über den Nachweis der Impfung an das Unternehmen, wenn der Mitarbeiter den Impfbonus erhalten möchte. Arbeitsrechtlich ist klar, dass die Zahlung nur an den Nachweis geknüpft werden kann. Einzelne Landesdatenschutzbehörden wie etwa die Datenschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen sehen die Mitteilung des Impfstatus an den Arbeitgeber – auch rein freiwillig – als unzulässig. Begründet wird das in der Regel damit, dass wissenschaftlich nicht belegt sei, dass der Impfschutz eine Infektion und damit auch das Risiko an einer Übertragung vermeide. Deshalb sei die Information für den Arbeitgeber nicht erforderlich.

Diese Auffassung trägt spätestens seit der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz nicht mehr. Wenn die Unternehmen u. a. (bezahlte) Freistellungen zur Wahrnehmung von Impfangeboten umsetzen sollen, so ist bereits auch darin eine Incentivierung zu sehen, die ausdrücklich erwünscht ist.

Impfregister wohl nicht pauschal zu verneinen

Die Einführung eines betrieblichen Impfregisters wurde von Datenschutzbehörden bislang als unzulässig bewertet. Betriebliche Hygienekonzepte sollen ausreichend sein und weitergehende personenbezogenen Daten werden nicht benötigt. Die Pauschalität der Aussagen wird keinen Bestand mehr haben können, da sie vor allem zu undifferenziert ist.

Bereits jetzt ist die Einreise in einige Länder nur für geimpfte Personen möglich. Will das Unternehmen Dienstreisen planen, so bedarf es der Information durch den Mitarbeiter, ob dieser überhaupt in das Land einreisen darf. Der Arbeitgeber hat ein übergeordnetes Interesse, den Impfstatus des Beschäftigten zu erfahren. Schließlich kann er unschwer eine Reise buchen, bei der der Beschäftigte bereits am Ankunftsflughafen zurückgeschickt wird.

Den datenschutzrechtlichen Anforderungen wird man derzeit mit einem betrieblichen Impfregister am ehesten entsprechen, wenn in diesem tatsächlich nur die Personen geführt werden, die auf Grund ihrer Tätigkeit verpflichtet sind, einen Impfnachweis zu haben. D. h., ein Impfregister wird unzulässig sein, in dem alle Beschäftigten erfasst sind, selbst wenn diese im Home-Office tätig sind.

Beschäftigten-Tests bleiben erhalten

Zudem hat die Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, dass die Corona-Arbeitsschutzverordnung noch einmal über den 10. September 2021 hinaus verlängert werden soll. Damit bleibt die Pflicht für Unternehmen zu Hygienekonzepten und zum Angebot von Tests für Beschäftigte, die vor Ort arbeiten.

Hier muss seitens des Gesetzgebers nachgebessert werden: Es kann nicht sein, dass ab dem 11. Oktober 2021 der Bund keine kostenlosen Bürgertests mehr anbietet, aber die Arbeitgeber weiterhin verpflichtet sein sollen, Tests zu finanzieren. In manchen Bundesländern werden die von den Arbeitgebern ausgestellten Test ohne Weiteres auch von Dritten bspw. beim Einkaufen anerkannt.  Deshalb stellt sich die Frage, ob man die Anerkennung solcher Tests nicht konsequenterweise einstellen muss. Die entsprechenden Regelungen in den jeweiligen Corona-Schutz-Landesverordnungen wären dann anzupassen.

Kurzarbeitergeld und Wirtschaftshilfen verlängert

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat des Weiteren eine Verlängerung von Corona-Hilfen beschlossen. Die bisher bis Ende September laufenden Wirtschaftshilfen (Überbrückungshilfe III Plus) und die Erleichterungen zum Zugang für das Kurzarbeitergeld sollen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden. Das umfasst auch die etwaige vollständige Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Verlängerung epidemischer Lage

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat beschlossen, den Deutschen Bundestag zu erwägen, die epidemische Lage von nationaler Tragweite über den 11. September 2021 hinaus zu erklären. In arbeitsrechtlicher Hinsicht bedeutet dieses vor allem, dass auch weiterhin Entschädigungsansprüche nach § 56 Infektionsschutzgesetz gestellt werden können.

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Jörn Kuhn

Jörn Kuhn

PartnerRechtsanwaltFachanwalt für Arbeitsrecht

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