03.03.2025 Veröffentlichungen
Kein Verletztengeld für Ex-Fußballprofi trotz Arbeitsunfähigkeit
Das Bundessozialgericht bestätigt in seinem Urteil vom 25. März 2025, dass einem Ex-Fußballprofi kein Verletztengeld bei fortlaufenden Einkünften während der Arbeitsunfähigkeit zustehen (B 2 U 2/23 R)
Der zugrundliegende Fall
Der klagende Versicherte betreibt seit dem Ende seiner Karriere als selbstständiger Physiotherapeut eine Praxis für Physiotherapie. Aus seiner aktiven Zeit als Profifußballer sind bei ihm Meniskusschäden als Berufskrankheit anerkannt. Infolge dieser Berufskrankheit wurde ihm von seinem behandelnden Arzt im Hinblick auf die Tätigkeit als Physiotherapeut eine Arbeitsunfähigkeit ausgestellt. Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit ging der Kläger seiner physiotherapeutischen Tätigkeit nicht mehr nach, führt seine Praxis hingegen als Inhaber weiter. Dies führte dazu, dass er in wesentlich geringerem Ausmaß in seiner Praxis anwesend war und seine Tätigkeit insgesamt in verringertem Maße leitend und verwaltend ausübte. Den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Verletztengeld lehnte der beklagte Unfallversicherungsträger mit der Argumentation ab, dass der Kläger die Praxis trotz Wegfalls der Arbeitskraft als Physiotherapeut weiterführen sowie Einnahmen erzielte konnte, sodass keine Einbußen in den Einkünften aus seiner selbstständigen Arbeit hieraus resultieren würden.
LSG Nordrhein-Westfalen lehnt Gewährung von Verletztengeld ab
Das Landessozialgericht NRW wies die Klage zurück. Zwar bestehe der Anspruch auf Verletztengeld dem Grunde nach, aufgrund des anzurechnenden Arbeitseinkommens (§ 52 Nr. 1 SGB VII) sei jedoch kein Verletztengeld zu zahlen. Die für den Anspruch grundsätzlich erforderliche Arbeitsunfähigkeit liege insoweit vor. Dies sei immer dann der Fall, wenn die Tätigkeit nicht mehr im vollen Umfang ausgeübt werden könne (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Dass der Kläger noch Teilbereiche – hier teilweise Aufgaben der Praxisleitung – seiner bisherigen Tätigkeit ausüben kann, berührt die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit nicht. Eine Teilarbeitsunfähigkeit gebe es nicht. Jedoch müsse sich der Kläger das relevante Arbeitseinkommen (im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV) anrechnen lassen. Bei diesem handelt es sich um den einkommensteuerrechtlich ermittelten Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit. Eine Aufschlüsselung dieses Gewinns nach den einzelnen Tätigkeitsbereichen – etwa in Anteile aus physiotherapeutischen Leistungen des Klägers und sonstige Tätigkeiten – erfolge nicht, da das Einkommensteuerrecht eine Differenzierung nicht vorsehe. Das Arbeitseinkommen sei regelmäßig dann gleichzeitig erzielt, wenn es dem Versicherten tatsächlich zufließe. Dabei sei nicht maßgeblich, dass die Einkünfte in dem Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit erwirtschaftet worden sind. Erforderlich für die Prüfung der Gleichzeitigkeit ist ausschließlich der Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, orientiert am sog. einkommensteuerrechtlichen Zuflussprinzip. Die Anrechnung erfolge dabei ausschließlich bezüglich des Arbeitseinkommens aus derjenigen selbstständigen Tätigkeit, für die die Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden ist.
BSG bestätigt Anrechnung von Arbeitseinkommen auf Verletztengeld
Die Revision des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Bundesozialgericht bestätigte die Ansicht der Vorinstanz. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass bei Ausfall der Arbeitskraft eines im Betrieb voll mitarbeitenden Unternehmers ein Einkommensverlust eintreten werde, so habe der Kläger während seiner Arbeitsunfähigkeit in seiner Praxis weiterhin leitende, verwaltende und betriebswirtschaftlich relevante Tätigkeiten ausgeübt. Das daraus erzielte Einkommen sei folgerichtig auf das Verletztengeld anzurechnen. In seiner Entscheidung stellt das BSG klar, dass Verletztengeld grundsätzlich dazu diene, den Verdienstausfall zu kompensieren, der daraus resultiert, dass infolge einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalles eine Arbeitsunfähigkeit entstehe. Sollte jedoch keine Einkommenseinbuße vorliegen, so bestehe auch kein Anspruch auf Verletztengeld. Dabei betonte der Senat, dass es unerheblich sei, ob die Einkünfte aus persönlicher Mitarbeit oder aus anderen Tätigkeiten stammen. Von Bedeutung sei nur, dass die oder der Betroffene weiterhin Einkommen erzielt habe.
Fazit: Kein Anspruch auf Verletztengeld bei fortlaufenden Einkünften während der Arbeitsunfähigkeit
Trotz Arbeitsunfähigkeit hat der Versicherte keinen Anspruch auf Verletztengeld, wenn er in dieser Zeit fortlaufende Einkünfte erzielt, die über den Anspruch hinausgehen. Insbesondere für selbstständige Versicherte dürfte das Ergebnis kein Selbstläufer sein, da das angerechnete Arbeitseinkommen aus den von dem Unternehmen erwirtschafteten Gewinnen stammte und damit gerade nicht im Wesentlichen aus tatsächlich verrichteter „Arbeit“. Ein solches Verständnis von Arbeitseinkommen entspricht zwar nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch, jedoch entspricht es dem einkommensteuerrechtlichen Verständnis im Sinne des § 15 SGB IV, welches vorliegend Anwendung findet. Das durch das BSG bestätigte LSG wendet diesen Maßstab konsequent an; für Billigkeitserwägungen bietet das Gesetz keine Anknüpfungspunkte.