Digital Business15.03.2022 Newsletter

E-Sport und Gesellschaftsrecht: Strukturen und Investitionsmöglichkeiten

E-Sport-Wettbewerbe boomen: Sie erreichen Millionen Zuschauer weltweit und mit den Preisgeldern steigt auch die Professionalität der Teams. Das macht den stark wachsenden Markt für Investoren interessant – es ist bereits ein reger Kampf um Marktanteile und Spieler entstanden. Wir geben einen Überblick über rechtliche Organisationsformen und die Möglichkeiten und Grenzen für Investoren.

Rechtliche Organisation von E-Sport-Teams

Veranstalter von E-Sport-Turnieren oder Ligen geben keine Vorgaben zur rechtlichen Organisation der Teams (auch „E-Sport-Organisationen“ oder „Clans“). Diese sind darin deshalb grundsätzlich frei. Abhängig vom Ziel der jeweiligen E-Sports-Organisation und dem Grad der Professionalisierung spielt die gesellschaftsrechtliche Organisation allerdings eine nicht unerhebliche Rolle. Grundsätzlich denkbar sind daher für E-Sport-Organisationen alle Gesellschaftsrechtsformen, die das deutsche oder das Recht anderer Staaten zur Verfügung stellt.

Eine Möglichkeit ist die Organisation als Verein. Anders als bei traditionellen Sportvereinen ist dies für den E-Sport jedoch nicht aufgrund von Verbandsstrukturen vorgegeben. Zudem spielen beim E-Sport häufig wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle, so dass die Organisation als nicht wirtschaftlicher Verein im Sinne von § 21 BGB häufig nicht in Betracht kommt. Für Vereine, die E-Sport als Abteilung aufnehmen wollen, besteht zudem das Risiko der Aberkennung der oft zuerkannten Gemeinnützigkeit, was sich steuerlich negativ auswirken kann.

GbR kann unwissentlich entstehen

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann entstehen, wenn sich mehrere Spieler zusammenschließen, um gemeinsam an E-Sport-Turnieren oder -Events teilzunehmen. Das gilt auch, wenn sie sich nicht ausdrücklich gesellschaftsrechtlich organisieren.

Da eine GbR mündlich und konkludent gegründet werden kann, besteht das Risiko, dass eine solche auch ohne das Wissen der Beteiligten entsteht. Die Gesellschafter einer GbR haften zu gleichen Teilen für die Verbindlichkeiten und Verluste der Gesellschaft mit ihrem Privatvermögen. Problematisch an der GbR ist zudem, dass die Geschäftsführung allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht, sofern keine abweichende Regelung getroffen wird (§ 709 Abs. 1 BGB). Je nach Größe der GbR kann diese durch schwerfällige Entscheidungsprozesse gelähmt werden.

Vorteilhafte Gesellschaftsformen

Möglich ist die Organisation als Kapitalgesellschaft oder als Kapitalgesellschaft & Co. KG. Ab einem gewissen Grad der Professionalisierung sind diese Formen empfehlenswert. Die Rechtsformen der Unternehmergesellschaft (UG) bzw. GmbH & Co. KG bieten viele Vorteile gegenüber dem Verein und der GbR: So lässt sich die Geschäftsführung auch auf externe Personen übertragen, die Haftung der Gesellschafter ist beschränkt und die Öffnung für Investoren erheblich erleichtert.

In der GmbH & Co. KG ist die Haftung für die Kommanditisten auf die Höhe der Einlage beschränkt, die Komplementärin (die GmbH) haftet mit ihrem eigenen Vermögen. Da die GmbH nur ein Mindeststammkapital in Höhe von 25.000 Euro aufweisen muss, kann auf diesem Wege die Haftung begrenzt werden. Investoren können sich beispielsweise über den Erwerb von Kommanditanteilen an der GmbH & Co. KG beteiligen. Die Haftung ist dann auf die Höhe der geleisteten Einlage beschränkt. Die Kommanditisten partizipieren anteilig am Gewinn der Gesellschaft. Dasselbe gilt für die UG: Hier beträgt das Stammkapital allerdings nicht 25.000 Euro, sondern lediglich 1 Euro.

Investitionen in E-Sport-Organisationen

Die E-Sport-Organisationen sind aufgrund ihrer Struktur für Investoren besonders attraktiv, wenn sie als Kapitalgesellschaften organisiert sind. Es bedarf keiner, im traditionellen Sport mittlerweile üblichen, vorherigen Ausgliederung der Profimannschaften. Es gibt auch keinen übergeordneten Dachverband wie die FIFA im Fußball und auch keine eigene (Sport-)Gerichtsbarkeit, wie den Internationalen Sportgerichtshof („Court of Arbitration for Sport“, „CAS“). Diese fehlende Regulierung ist jedoch Fluch und Segen zugleich: Denn gerade die Investitionsfreiheit hat bereits zu Interessenskonflikten im Wettbewerb geführt und birgt die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen.

Multiple Ownership-Regelungen im traditionellen Sport

Seit einigen Jahren ist im traditionellen Sport wie dem Fußball zu sehen, dass Investoren Interesse daran haben können, in mehrere Teams zu investieren. Dadurch lassen sich Synergieeffekte erzielen, insbesondere bei der Aus- und Weiterbildung von Fußballern. Problematisch wird es dann, wenn diese Teams gegeneinander antreten müssen.

Sichtbares Beispiel ist sicherlich die des Red Bull Konzerns, der unter anderem Anteile an den Fußballvereinen RB Leipzig, FC Red Bull Salzburg und New York Red Bulls hält. Das Reglement der UEFA sieht vor, dass keine natürliche oder juristische Person Kontrolle oder Einfluss auf mehr als einen an einem UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Verein haben darf. Die Teilnahme von RB Leipzig und dem FC Red Bull Salzburg an der UEFA Champions League 2017/2018 wurde dennoch gestattet und am Ende auch vom CAS bestätigt. Es wurde angenommen, dass die vorhandenen Beteiligungsverhältnisse nicht das erforderliche Maß an Einfluss vermittelt hatten.

Multiple Ownership-Regelungen im E-Sport

Im E-Sport kam es 2014 zu dem wohl bis dato bekanntesten Skandal um das Spiel Counter Strike: Global Offensive, kurz: CS:GO. Das damals äußerst erfolgreiche Team iBUYPOWER verlor absichtlich ein Match gegen das als deutlich unterlegen geltende Team NetCodeGuides. Auf dieses Spielergebnis hatten die Teammitglieder, über einen Mittelsmann, Wetten platziert. Einer der involvierten Spieler des Teams iBUYPOWER war zugleich Co-Inhaber des gegnerischen Teams NetCodeGuides. Folge des Skandals war die lebenslängliche Suspendierung der beteiligten Spieler.

Erhebliche Kritik gab es auch Ende der 2010er Jahre hinsichtlich des Engagements des Unternehmens RFRSH Entertainment. Das Unternehmen beteiligte sich zwischenzeitlich an mehreren CS:GO-Teams, unter anderem an dem dänischen Team Astralis, das seit Jahren erfolgreich unter anderem an der professionellen Major-League für CS:GO teilnimmt. Das Unternehmen beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Unterstützung der Teams, sondern richtete zugleich eine eigene Turnierserie aus, bei dem unter anderem Astralis unter Verzicht auf andere Turniere antrat.

Da es weiterhin an einer Verbandsstruktur fehlt, haben es sich einzelne Spielehersteller oder Wettbewerbsorganisatoren zur Aufgabe gemacht, die sportliche Integrität und dadurch Attraktivität des E-Sport zu bewahren. Hierzu werden immer häufiger sog. Multiple Ownership-Regelungen eingeführt. Grundsätzlich soll durch diese Regeln die mehrfache Beteiligung einzelner Investoren und Spieler verhindert oder erschwert werden, um Interessenkonflikten bei Wettbewerben zu vermeiden.

Der Spieleherausgeber Riot Games hat beispielsweise für die offizielle professionelle Liga des eigenen Spiels League of Legends (LoL) die Möglichkeit des Multiple Ownership untersagt. So sieht das offizielle LEC Rulebook (Lol European Championship) eine weitreichende Regel vor: Die Team-Manager eines LEC Teams sind nicht berechtigt, ein „Interesse“ an mehr als einem Team in der höchsten Stufe der professionellen E-Sport-LoL-Spielklassen zu haben. Sowohl der Begriff „Team-Manager“ als auch „Interesse“ sind weit zu verstehen – es zählt jede direkte oder indirekte Beteiligung eines Teameigentümers, Miteigentürmers, Geschäftsführers oder eines anderen Managers.

Ähnliche Regelungen finden sich auch im Bereich CS:GO bei dem Turnier Star Ladder Major 2019 in Berlin. Bei diesem mussten sowohl Spieler als auch Teams zusichern, dass sie mit keinem anderen teilnehmenden Spieler und/oder Team geschäftliche Verflechtungen haben. Auch beim ESL One Rio Major 2020wurde eine gleichlautende Regelung vorgesehen.

Folge des Verstoßes gegen die Regeln ist regelmäßig der Ausschluss des betreffenden Teams vom Wettbewerb, was einem wirtschaftlichen Totalverlust gleichkommt.

Auf nachhaltige Investitionen achten

Bei der gesellschaftsrechtlichen Organisation von E-Sport-Teams kommt es maßgeblich auf die verfolgten Ziele an. Sofern beabsichtigt ist, externe Dritte als Geschäftsführer oder Investor aufzunehmen, empfiehlt es sich, das Team als Kapitalgesellschaft oder als Kapitalgesellschaft & Co. KG zu organisieren. Vereine und GbR sind für den Amateurbereich interessanter.

Zur Wahrung der Wettbewerbsintegrität steigen die Hürden für Investitionsmöglichkeiten in E-Sport-Teams. Investoren sollten vorausschauende und nachhaltige Investitionen vornehmen.  Das ist wegen der –  im Vergleich zum traditionellen Sport – außergewöhnlichen Struktur von E-Sport-Teams schwierig und muss besonders sorgfältig erfolgen. Denn die Werthaltigkeit eines Teams bestimmt sich allein an seiner Vermarktungsmöglichkeit.

Anders als traditionelle Sportvereine verfügen E-Sport-Teams nicht über erhebliches Anlagevermögen wie beispielsweise Stadien oder Trainingsanlagen. Die Vermarktungsmöglichkeit wiederum hängt entscheidend vom Team-Erfolg und von den beteiligten E-Sportlern ab. Dies gilt nicht nur in Bezug auf deren individuelle Fähigkeiten, sondern auch deren Bekanntheit und Auftreten in den sozialen Medien. Das Risiko mit einer Investition zu scheitern, steigt. Um zu verhindern, dass die Weichen für ein Scheitern bereits mit der Investitionsentscheidung selbst gestellt werden, müssen die Einführung und Anpassung von Multiple Ownership-Regelungen laufenden überwacht werden.

 

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