Arbeitsrecht05.08.2021 Newsletter

Urlaubsrückkehr in Zeiten der Pandemie – was Arbeitgeber wissen müssen

Die Urlaubsaison ist im vollen Gange und in den ersten Bundesländern enden bereits die Sommerschulferien. Viele wagten sich nach eineinhalb Jahren das erste Mal wieder ins Ausland – „Endlich mal wieder rauskommen!“ Angesichts steigender Inzidenzen kann jedoch – vielleicht auch überraschend – eine Quarantäne erforderlich werden. Wir geben einen Überblick, was bei der Rückkehr der Mitarbeiter aus dem Urlaub zu beachten ist.

Auskunft über Reiseziele

Nach herrschender Meinung dürfen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer lediglich fragen, ob diese von einer Reise in ein Hochrisiko- oder einem Virusvariantengebiet zurückgekehrt sind. Es besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers zum Schutz der übrigen Arbeitnehmer zu erfahren, ob Arbeitnehmer in ein Hochrisiko- oder einem Virusvariantengebiet gereist sind. Diese Frage wird nach § 26 Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz insbesondere mit Blick auf die Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber den restlichen Arbeitnehmern im Betrieb (§ 618 BGB) als für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses notwendig und damit zulässig angesehen. Entsprechend wird angenommen, dass Arbeitnehmer bei der Rückkehr in den Betrieb nach Urlaub in einem Hochrisiko- oder einem Virusvariantengebiet eine Melde- bzw. Offenbarungspflicht haben, die sich als Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB ergibt. Die Frage des Arbeitgebers nach dem konkreten Urlaubsort wird hingegen im Allgemeinen als unzulässig eingestuft. Auch ein Verbot bestimmter Reisen durch den Arbeitgeber ist nicht vertretbar, da die freie Wahl des Reiseziels als Ausübung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundrechtlich geschützt ist.

Vergütung und Quarantäne

Erkranken Arbeitnehmer tatsächlich an Covid-19, haben sie einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Zwar ist dieser Anspruch ausgeschlossen, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet ist. Ob diese Schwelle bereits mit der bloßen Reise in ein Risikogebiet überschritten ist, erscheint jedoch äußerst fraglich, zumal die Infektionskette häufig nicht nachvollziehbar sein wird.

Rechtlich schwieriger wird es dann, wenn die Quarantäne rein präventiver Natur und eine (zeitweise) Arbeit im Home-Office nicht möglich ist.

Hochinzidenzgebiet oder doch Virusvariantengebiet? Die Einordnung entscheidet, wie lange die Quarantäne andauern muss und ob und wann man sich „freitesten“ kann. Die Dynamik der Pandemie macht stetige Regelungsanpassungen erforderlich. Die jüngste Änderung der Corona-Einreiseverordnung ist erst am 28. Juli 2021 in Kraft getreten. Planungssicherheit für die Arbeitnehmer gibt es daher nicht.

Dennoch wird bei der Beurteilung von Entgeltfortzahlungsansprüchen entscheidend sein, inwieweit die Arbeitnehmer bereits vor ihrer Abreise absehen konnten, dass eine Quarantänepflicht auf sie zukommt.

Wird das Reiseziel des Arbeitnehmers erst während des Urlaubs zum Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet, kommt ein Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Dies allerdings nur, wenn die Quarantäne eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Was „nicht erheblich“ ist, ist vom Einzelfall abhängig. Die Grenze wird häufig bei fünf Tagen gezogen. Da § 616 BGB jedoch im Arbeitsvertrag abbedungen werden kann, wird dieser Anspruch häufig schon deswegen ausscheiden.

Zudem sieht auch § 616 BGB einen Anspruchsausschluss vor, wenn die Verhinderung selbst verschuldet ist. War die Einordnung als Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet und die damit einhergehende Quarantänepflicht bereits vorher bekannt, wird ein Lohnzahlungsanspruch aus diesem Grund ausscheiden.

Neben dem Anspruch aus § 616 BGB sieht das Infektionsschutzgesetz (IfSG) in § 56 einen Entschädigungsanspruch von Arbeitnehmern für Verdienstausfälle vor, der über den Arbeitgeber ausgezahlt wird. Der Anspruch ist aber dann gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG ausgeschlossen, wenn die Reise und die damit einhergehende Quarantänepflicht vermeidbar gewesen wären. Das bedeutet, dass keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen und das Reiseziel bereits bei Antritt der Reise als Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet eingestuft war.

Auch wenn die Quarantäne durch die Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung hätte vermieden werden können, scheidet der Entschädigungsanspruch gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG aus. Mit der stetigen Verbesserung des Impfangebots wird der Anwendungsbereich des § 56 IfSG somit noch weiter schrumpfen.

Betreuung quarantänepflichtiger Kinder

Während viele Erwachsene bereits die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen, haben Kinder momentan nur begrenzt Zugang zu Schutzimpfungen gegen Covid-19. So kann es vorkommen, dass Eltern wegen der Betreuung ihres quarantänepflichtigen Kindes nicht arbeiten können. Der Anspruch nach § 616 BGB wird, soweit er nicht ohnehin arbeitsvertraglich abbedungen ist, auch hier wohl bereits am Verschulden des Arbeitnehmers scheitern, wenn die Quarantänepflicht vor Reiseantritt bekannt war. § 56 Abs. 1a IfSG sieht jedoch auch für die Konstellation einen Entschädigungsanspruch vor, dass die Eltern betreuungspflichtig werden, weil ihr unter zwölfjähriges Kind wegen einer Quarantäne nicht in die Schule gehen kann. Wenn die Schule oder der Kindergarten ohnehin ferienbedingt geschlossen haben, ist dieser Anspruch ausgeschlossen.

Erholsame Quarantäne?

Das Arbeitsgericht Bonn musste sich jüngst damit auseinandersetzen, welche Auswirkungen eine Quarantänepflicht während des Erholungsurlaubs hat (Urteil v. 07.07.2021, 2 Ca 504/21). Erkranken Arbeitnehmer während ihres Urlaubs, ist grundsätzlich für die Erkrankungstage Urlaub nachzugewähren (§ 9 BUrlG). Das Gericht musste nun entscheiden, ob dies auch bei Quarantänetagen in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gilt. Die Arbeitnehmerin hatte keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, sie konnte nur die behördliche Anordnung der Quarantäne nachweisen. Da § 9 BUrlG eine nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit verlangt, verneinte das Gericht den Nachgewähranspruch. Auch für eine entsprechende Anwendung sah es keinen Raum.

Verspätete Rückkehr

Tritt ein Arbeitnehmer nicht rechtzeitig seine Tätigkeit nach dem Urlaub wieder an, weil er aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen am Urlaubsort nicht rechtzeitig abreisen kann oder weil Flugverbindungen in das betreffende Land ausgesetzt werden, trägt er zwar das Wegerisiko. Der Arbeitgeber kann aber nach § 616 BGB verpflichtet sein, die Vergütung für eine verhältnismäßig kurze Zeit fortzuzahlen, wenn die Reisebeschränkung für den Arbeitnehmer nicht vorhersehbar war. Ist der Arbeitnehmer jedoch sehenden Auges in ein Risikogebiet gereist, besteht kein Anspruch nach § 616 BGB auf Vergütung. Gleiches gilt, wenn § 616 BGB abbedungen wurde.

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Anja Dombrowsky

Anja Dombrowsky

PartnerinRechtsanwältin

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