Oppenhoff richtet Panel zu M&A Insurance aus

Am 12. November 2019 fand in München der 17. Deutsche Corporate M&A Kongress statt. Einmal im Jahr finden sich C-Level Executives, M&A-Verantwortliche und In-House Counsel von führenden deutschen Corporates und familiengeführten Unternehmen zum Branchentreffen im Haus der Bayerischen Wirtschaft ein, um sich über aktuelle Marktentwicklungen und Trends auszutauschen.


Oppenhoff richtete dieses Jahr eine Panel-Diskussion zum Thema „W&I Versicherung 2019: Das neue "Normal" auch für Corporates“ aus. Das Expertenforum setzte sich zusammen aus Dr. Philipp Giessen, Leiter PEMA bei Marsh GmbH, Dr. Markus Messinger, Head of Northern Europe bei Liberty Global Transactions Solutions und Dr. Volkmar Jäger, Director Corporate Strategic Planning and Business Development bei der Freudenberg Gruppe. Komplettiert wurde die Runde durch die Oppenhoff-Partner Till Liebau und Dr. Markus Rasner, der die Diskussion moderierte. Beide sind bei Oppenhoff am Frankfurter Standort im Bereich M&A und Private Equity tätig. Gemeinsam mit dem Kölner Steuerpartner Gunnar Knorr bilden sie außerdem ein marktführendes Team bei der Beratung von Anbietern von M&A-Insurance im Underwriting Prozess.


Im Folgenden haben wir die Diskussion in Auszügen zusammengefasst:


Markus Rasner führte zunächst in die Thematik ein und nahm eine Abgrenzung der W&I-Versicherung von sonstigen Spielarten der M&A-Insurance vor, wie beispielsweise Litigation Buyout oder Tax Contingency-Insurance.


Die Diskussionsrunde startete sodann mit der Frage an den voll besetzen Saal, wer aus dem Publikum bereits Erfahrungen mit dem Einsatz von Warranty & Indemnity (W&I)-Insurance Lösungen gemacht hat. Die Rückmeldung fiel insofern erfreulich aus, als die überwiegende Anzahl der Teilnehmer dies bejahte. Auch der Panel-Vertreter der Corporates, Volkmar Jäger, konnte bereits auf drei Transaktionen unter Einsatz des Instruments zurückblicken. Bei insgesamt über 100 Transaktionen, die er bereits betreut hat, allerdings immer noch eine überschaubare Anzahl. Die beiden Branchenvertreter bestätigten dieses Stimmungsbild. Immer mehr würden Corporates vor allem auf der sell-side dazu übergehen, ihre Transaktionen unter Einbeziehung von W&I-Insurance abzuwickeln. Insgesamt, so Markus Messinger, sehe man in 2019 eine Aufteilung von etwa 55% Private Equity-Kunden und 45% Corporates. Philipp Giessen ergänzte, dass weltweit Corporates bereits in der Mehrzahl seien. Als mögliche Antwort auf die Frage des Moderators, worauf eine gewisse Zurückhaltung bei den Corporates zurückzuführen sei, führte Markus Messinger an, dass Corporates generell eine andere Haltung zum Eingehen von Haftung in Verkaufssituationen hätten als dies bei Financial Sponsors der Fall sei. Volkmar Jäger differenzierte insofern, als er auf Verkäuferseite klar auf die Vorteile des Produkts abstellte, allerdings auf Käuferseite jedoch noch zurückhaltend sei.


Sodann widmete sich die Diskussion Prozessthemen. Till Liebau führte aus, dass die Überlegungen zur Einbeziehung in Verkaufsmandaten bereits in einem frühen Stadium erfolgen sollten, da sich daraus wichtige Weichenstellungen für den gesamten Prozess ergäben. So sei bereits zu Beginn abzuwägen, ob die Erstellung einer Vendor Due Diligence im Hinblick auf die spätere Einbeziehung einer Versicherung sinnvoll sei. Hieraus entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, die auch aus dem Publikum aktiv begleitet wurde. So kam etwa die Nachfrage, welche Bereiche zwingend Bestandteil einer VDD sein sollten. Markus Messinger erwiderte darauf, dass es im Wesentlichen auf die Bereiche Legal und Tax ankomme, der Finance-Teil eher zu vernachlässigen sei. Letztlich ginge es darum, mit der Due Diligence den späteren Garantienkatalog zu spiegeln. Gleichwohl, so fügte Philipp Giessen hinzu, sei es keineswegs so, dass eine Versicherungslösung nicht ohne VDD darstellbar sei. Ganz im Gegenteil, die sog. hard stapled Variante ist immer noch der Ausnahmefall. Vielmehr sei es häufig so, dass erst auf der käuferseitigen Due Diligence sämtliche Themengebiete erfasst würden, die für die Deckung durch die Versicherung erforderlich sind. Auf einen bedeutenden Punkt für Corporates wies Markus Messinger sodann noch hin: Was häufig Probleme bereite, sei die fehlende Dokumentation bei in-house Due Diligence. Eine interne Powerpoint-Präsentation mit Bullet Points sei nicht ausreichend. Auch hob er nochmal die Bedeutung des Underwriting Calls hervor. Im Vorfeld dazu sind der aktuelle Entwurf des Vertrages und die Due Diligence-Materialien vorzulegen. Dann werden zunächst Fragen gestellt, die noch vor dem Underwriting Call beantwortet werden. Der Call dient dann der Klärung letzter offener Fragen und dauert meist ca. 1-1,5 Stunden. Der gesamte Prozess sei äußerst wichtig, um eine optimale Deckungsposition zu erzielen, weshalb die Mitwirkung aller Beteiligten zentral sei. Philipp Giessen schloss diesen Komplex mit der Bemerkung, dass ca. 2-3 Wochen vonnöten seien von der Ansprache durch den Broker bis zum Abschluss der Police.


Sodann kamen Fragen nach den lohnenswerten Größenklassen auf. Markus Messinger, dessen Team überwiegend im Large-Cap Bereich tätig ist, räumte ein, dass es weniger auf den Enterprise Value ankomme, sondern vielmehr auf die individuellen Wünsche des Kunden zur Deckungssumme. Ab ca. € 7,5 bis 10 Mio. werde es hier interessant. Seitens Marsh kam die Ergänzung, dass es inzwischen auch Anbieter gäbe, die sich auf das untere Ende des Mid Cap-Segments fokussiert hätten und preislich bei ca. € 50.000 Mindestprämie starten.


Die Diskussion setzte sich fort mit der Betonung der strategischen Vorteile des Einsatzes der W&I-Versicherung. Till Liebau führte zunächst aus, warum sich die Versicherung als der vorteilhaftere Haftungsgegner erweist als etwa ein veräußernder Familienunternehmer. Philipp Giessen wies sodann am Beispiel von kenntnisqualifizierten Garantien auf den strategischen Mehrwert sog. Enhancements hin. So könne man als Bieter die subjektiv abgegebenen Garantien der Verkäuferseite unverändert übernehmen, sich aber im Verhältnis zur Versicherung so stellen als wären diese sämtlichst unqualifiziert abgegeben worden. Volkmar Jäger weist darauf hin, dass dies natürlich ein Ausfluss des sehr verkäuferfreundlichen Marktumfelds sei.


Als abschließendes Thema wurde dann der Blick auf die Schadensabwicklung gerichtet. Markus Messinger führte zunächst aus, dass angesichts der Laufzeiten der Policen von 7-10 Jahren erst jetzt erstmals auch Fragen zur Schadensabwicklung auf sie zugekommen seien. Sein Rat ist es, frühzeitig und umfassend anzuzeigen. Philipp Giessen verwies auf eine Studie, die Marsh als größter Player am hiesigen Markt aktuell zu dem Thema publiziert hat. Im Bereich EMEA gäbe es für 17 % der platzierten Policen Schadensanzeigen, wobei man allerdings hinzufügen müsse, dass dies teilweise auch nur Umstandsmeldungen sind. Das heißt, dass in all diesen Fällen nicht zwingend auch ein Schaden vorliegen muss. Er konstatierte eine hohe Auszahlungsbereitschaft der Versicherer von 84 %, die er mit dem immensen Wettbewerb im Versicherungsmarkt erklärte.


Zum Abschluss forderte Markus Rasner die Panelists auf, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Philip Giessen sieht auch bei einem Abkühlen des Verkäufermarktes weiter hohes Potential für W&I-Insurance, meint aber auch, dass die € 1 Haftungsgrenzen dann wohl wieder als Standard weichen werden. Markus Messinger weist auf das Thema Schadensregulierung als das große Zukunftsthema hin. Das Schlusswort gebührte dem Vertreter der Corporates, der auf die Frage, ob er nun auch von den Vorteilen auf der Käuferseite hinreichend überzeugt sei, mit einem versöhnlichen „teils teils“ antwortete und die Runde damit beendete.

Back to list