Handel und Konsumgüter12.08.2019Köln Newsletter

Newsletter: Handel zwischen Iran und Deutschland: Wege aus dem Boykott-Dilemma

Die Stimmung in den Handelsbeziehungen zwischen europäischen bzw. deutschen und iranischen Firmen verschlechtert sich zusehends. Immer häufiger nehmen iranische Firmen gerichtliche Hilfe in Anspruch, um Forderungen gegen deutsche Unternehmen durchzusetzen. 

Ausgangspunkt des aktuellen Dilemmas ist die einseitige Kündigung des sog. Atomabkommens durch die U.S.A. im Mai 2018. Seither verschärfen sich sowohl der Ton als auch die U.S. Sanktionen gegenüber dem Iran. Die EU versucht dagegen zu halten: insbesondere durch ein „face lifting“ der sogenannten EU-Anti Boykott Verordnung, die es europäischen Unternehmen bei Androhung von Bußgeldern untersagt die einseitigen U.S. Sanktionen gegenüber dem Iran zu befolgen. 

In der Vergangenheit war es allerdings gute Übung, die EU-Verordnung zu ignorieren und das U.S. Recht zu befolgen – aus Furcht, selber ins Visier der U.S. Behörden zu geraten. Doch langsam dreht sich der Wind. Zwar werden die Behörden in den Mitgliedstaaten nach wie vor nur unwillig oder gar nicht aktiv. Die Geschäftspartner der das U.S. Recht anwendenden Unternehmen haben aber die Anti-Boykott VO als Instrument entdeckt, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Einsatzmöglichkeiten dieses Instrumentes sind vielfältig: 

So kann der Geschäftspartner auf Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen verklagt werden, wenn die Weigerung zu leisten, sich allein auf Bestimmungen des U.S. Rechts stützt. Eine weitere Variante ist die, dass der iranische Partner seinen deutschen Geschäftspartner bei den deutschen Behörden „anschwärzt“. So kann Druck aufgebaut werden, da die Behörden dann quasi gezwungen sind, ein Verfahren gegen das deutsche Unternehmen einzuleiten. 

Aber auch umgekehrt kann ein Schuh aus der komplexen Materie des Rechts der Sanktionen und Embargos werden, wenn im Rahmen einer Geschäftspartner Due Diligence Verbindungen zu gelisteten Einrichtungen im Iran aufgedeckt werden.

Deutschen Unternehmen, denen ein unzulässiges Befolgen der U.S. Vorschriften und damit ein Verstoß gegen die EU Anti Boykott VO vorgeworfen wird, ist zu raten, die Vorwürfe und den Sachverhalt genauestens zu prüfen. Denn die EU Anti Boykott VO nimmt nur bestimmte U.S. Bestimmungen in einem bestimmten Zeitraum in Bezug – insofern ergibt sich häufig Argumentationsspielraum zugunsten der deutschen Unternehmen. Auch sollte der Konflikt zwischen den U.S. Bestimmungen und den Anforderungen des EU-Rechts in dieser Situation zu Gunsten der deutschen Unternehmen berücksichtigt werden. 

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Stephan Müller

Stephan Müller

PartnerRechtsanwalt

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