Arbeitsrecht10.12.2021 Newsletter

Koalitionsvertrag & Arbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungsmanagement

Am 24.11.2021 ist der neue Koalitionsvertrag der kommenden Regierung aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP veröffentlicht worden. Welche Aussagen der Koalitionsvertrag zu arbeitsrechtlichen Themen enthält und welche konkreten Auswirkungen die Pläne könnten, stellen wir in den kommenden Tagen in einer Reihe von Beiträgen dar. Heute: betriebliches Eingliederungsmanagement.

Die Aussagen

„Das betriebliche Eingliederungsmanagement stärken wir.“ (Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, S. 72)

„Das Betriebliche Eingliederungsmanagement wollen wir als Instrument auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite stärker etablieren mit dem Ziel, es nach einheitlichen Qualitätsstandards flächendeckend verbindlich zu machen (Beispiel „Hamburger Modell“). Dabei setzen wir auch auf die Expertise der Schwerbehindertenvertrauenspersonen.“ (Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, S. 79)

Die Auswirkungen

Die sehr allgemein gehaltene Aussage zur Stärkung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) auf S. 72 im Abschnitt „Arbeit / Arbeits- und Gesundheitsschutz“ ist nichts Neues. Sie findet sich nahezu wortgleich in den Koalitionsverträgen für die beiden vorangegangenen Legislaturperioden. Trotzdem ist seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 2004 nicht allzu viel an der einschlägigen Vorschrift des § 167 Abs. 2 SGB IX geändert worden.

Dies soll sich laut den weiterreichenden Angaben auf S. 79 im Abschnitt „Sozialstaat, Altersvorsorge, Grundsicherung / Inklusion“ nicht wiederholen. Das BEM wird zukünftig nach bestimmten, verbindlichen Qualitätsstandards vereinheitlicht. Aktuell versteht man das BEM mangels näherer gesetzlicher Vorgaben als einen nicht formalisierten, verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozess. Welche Qualitätsstandards zukünftig gelten sollen, ist unklar. Der Hinweis auf das „Hamburger Modell“, mit dem umgangssprachlich die stufenweise Wiedereingliederung gemeint ist, hilft nicht weiter. Die stufenweise Wiedereingliederung ist gesetzlich bereits geregelt und bekanntlich nur eine unter zahlreichen möglichen Maßnahmen im Rahmen eines BEM.

Konkretere Schlüsse lässt dagegen der Wille der Regierungsparteien nach einer flächendeckenden Verbindlichkeit zu. Ein Arbeitgeber hat bislang keine Konsequenzen zu fürchten, wenn er ein BEM entgegen § 167 Abs. 2 SGB IX nicht durchführt. Arbeitnehmer haben keinen Rechtsanspruch auf ein BEM. Bußgelder drohen nicht. Allein eine krankheitsbedingte Kündigung kann erschwert sein. Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen wird das BEM oftmals nicht umgesetzt. Hier steht zu erwarten, dass die Ampel-Koalition den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöht und einen einklagbaren Rechtsanspruch der Arbeitnehmerseite in das Gesetz aufnimmt.

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Kathrin Vossen

Kathrin Vossen

PartnerinRechtsanwältinFachanwältin für Arbeitsrecht

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