Gesundheit04.02.2022 Newsletter

Health-Apps: Diese juristischen Hürden müssen beachtet werden

Die fortschreitende Entwicklung neuer Technologien führt auch in der Gesundheitsbranche zu neuen Anwendungsfeldern und Innovationen. Im dritten Quartal 2020 standen weltweit fast 49.000 medizinische Health-Apps im Apple App-Store zum Download bereit. Zusätzlich wird sich der Umsatz in diesem Bereich weltweit laut Prognosen bis 2025 auf ca. 246,8 Milliarden Euro verfünffachen.

Bei all diesen schnellen Entwicklungen dürfen rechtliche Hürden nicht außer Acht gelassen werden. Wir geben einen Überblick über die regulatorische Einordnung von Health-Apps und die damit verbundenen haftungsrechtlichen Themen.

Was sind Health-Apps?

Unter Health-Apps werden Anwendungen verstanden, die dem körperlichen und seelischen Wohlergehen dienen. Darunter gehören auch solche Apps, die sich mit gesunder Ernährung, Fitness oder Wellness beschäftigen. Sie zielen auf die Erhaltung oder Verbesserung der Gesundheit des jeweiligen Anwenders ab und können präventiv oder sogar gesundheitsfördernd wirken.

Einstufung als Medizinprodukt

Aus rechtlicher Perspektive ist relevant, ob es sich bei einer Health-App um ein Medizinprodukt handelt. Das ist der Fall, wenn die App einen „medizinischen Zweck“ hat. Dieser ist gegeben, wenn die Software eigenständige diagnostische bzw. therapeutische Leistungen erbringt. Das kann beispielsweise passieren, indem sie Daten analysiert bzw. interpretiert, Berechnungen oder Messungen vornimmt bzw. eine Überwachungsfunktion hat.

Erforderlich ist dazu allerdings eine individuelle Einflussnahme durch Daten- bzw. Informationserzeugung oder eine Entscheidungsunterstützung bzw. Dosierungsbegleitung oder Überwachung hinsichtlich einer Therapie. Denkbar ist auch eine Überwachung durch Datensammlung. Reine Lifestyle-, Fitness- bzw. Wellnessanwendungen, die der Primärprävention dienen, sind in der Regel nicht als Medizinprodukt zu klassifizieren. Verfolgt eine Anwendung mehrere Zwecke bzw. stellt sie mehrere Funktionen zur Verfügung, ist eine genauere Analyse notwendig.

Wichtig: CE-Kennzeichnung für Health-Apps

Gilt eine Health-App als Medizinprodukt, unterliegt diese regulatorischen Anforderungen, die sich unter anderem aus der europäischen Verordnung über Medizinprodukte (MDR) ergeben. Laut MDR müssen solche Apps, wenn ein Vertrieb im europäischen Wirtschaftsraum vorgesehen ist, CE-gekennzeichnet sein. Dazu ist die Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens nötig.

Daneben hat der Hersteller einer als Medizinprodukt eingestuften Health-App noch viele weitere Verpflichtungen: So wird beispielsweise die Einrichtung und das Aufrechterhalten eines Risiko- und Qualitätsmanagementsystems verlangt, die Bereitstellung einer Gebrauchsanweisung, die korrekte Kennzeichnung und Benennung einer sogenannten Verantwortlichen Person sowie die Gewährleistung der finanziellen Absicherung für einen potenziellen Haftungsfall.

Wer haftet bei Schäden durch Health-Apps?

Was tun bei Schäden, die ein Anwender durch die Nutzung von Health-Apps davonträgt? Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit hängt zunächst von der jeweiligen Konstellation ab, in der die App zum Einsatz kommt.

Ein vertraglicher Haftungsanspruch (§ 280 BGB) gegenüber dem Verkäufer kann bestehen, wenn ein Anwender die App in einem Store erwirbt und selbstständig nutzt. Das ergibt sich aus dem zugrundeliegenden Kaufvertrag. Der Verkäufer muss nicht zwangsläufig rechtsidentisch mit dem Hersteller sein. Ein weiterer Anspruch kann sich aus Delikt (§ 823 BGB) gegen den Hersteller ergeben. Beide Anspruchsgrundlagen setzen unter anderem ein vermutetes bzw. nachzuweisendes Verschulden des Anspruchsgegners als Hürde voraus. Dies wäre insbesondere dann gegeben, wenn bei der Programmierung der App die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Eine im Vergleich geringere Hürde bietet ein verschuldensunabhängiger Anspruch des Anwenders, der sich aus dem Produkthaftungsgesetz ergibt und sich direkt gegen den Hersteller wendet.

Nutzt der Anwender die App, weil sein Arzt sie ihm verschrieben hat, können zumindest theoretisch auch Ansprüche des Patienten gegen den Arzt aus dem Behandlungsvertrag bestehen(§ 630a BGB). Diese setzen jedoch ein Verschulden des Arztes voraus. Dies wäre etwa dann gegeben, wenn der Arzt sich vor der Anwendung der App nicht davon überzeugt hätte, dass diese für den angedachten Zweck geeignet und auch erkennbar sicher ist.

Es kann auch vorkommen, dass der Arzt eine Health-App nutzt, um seinen Pflichten im (Behandlungs-)Vertragsverhältnis zu seinem Patienten zu erfüllen. Damit ändert sich nur der Anspruchssteller (Arzt anstelle des Patienten) des vertraglichen Anspruchs gegen den Verkäufer der App.

Health-Apps: Datenschutz und Datensicherheit

Die Funktion von Health-Apps basiert auf der Verarbeitung personenbezogener Daten. Bei diesen Daten handelt es sich häufig um sensible Gesundheitsdaten. Deshalb sind angemessene Datenschutzstandards und ausgereifte Datensicherheitskonzepte für Aufsichtsbehörden und Nutzer von großer Bedeutung. Alles Wichtige rund um Datenschutz und Datensicherheit bei Health-Apps finden Sie hier.

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Marco Degginger

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