Europäisches Lieferkettengesetz spätestens ab 2026

Mehrere europäische Länder haben bereits ein nationales Gesetz zur Verbesserung der Menschen- und Umweltrechte entlang der Lieferkette verabschiedet – auch Deutschland. Nun hat auch die Europäische Kommission einen ersten Richtlinienvorschlag für ein „Europäisches Lieferkettengesetz“ veröffentlicht. Unternehmen in Deutschland müssen sich daher schon bald auf neue Spielregeln einstellen.

Eine einheitliche europäische Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen, da sie für eine Entlastung betroffener Unternehmen in Europa führen würde und diese Unternehmen nicht mehr einer Vielzahl einzelstaatlicher Regelungen ausgesetzt wären. Der Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Europäisches Lieferkettengesetz“ (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) sieht allerdings Verschärfungen gegenüber dem deutschen LkSG vor.

Die Mitgliedsstaaten müssen die Richtlinie bis 2026 in nationales Recht umsetzen. Das deutsche LkSG tritt bereits zum Januar 2023 in Kraft. Folgende Änderungen sind indes durch den Richtlinienentwurf für ein EU-Lieferkettengesetz zu erwarten: 

Größere Anzahl an Unternehmen betroffen

Der nun vorgelegte Richtlinienentwurf sieht vor, dass Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette die Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten kontrollieren müssen. Diese Pflicht wird im Vergleich zum LkSG erheblich mehr Unternehmen treffen. Grund dafür ist, dass die maßgeblichen Schwellenwerte des LkSG von 3.000 bzw. später 1.000 Mitarbeitern in der Bundesrepublik in besonders risikogeneigten Sektoren auf bis zu 250 Mitarbeiter abgesenkt werden sollen – jedenfalls soweit der Jahresumsatz des betreffenden Unternehmens im letzten abgelaufenen Geschäftsjahr weltweit EUR 40 Millionen übersteigt und mindestens die Hälfte dieses Umsatzes in Risikosektoren erzielt werden. Auch abseits von Risikosektoren werden die maßgeblichen Schwellenwerte auf 500 Mitarbeiter bzw. EUR 150 Mio. weltweiten Jahresumsatz abgesenkt. 

Mehr Verantwortung für die Lieferkette

Der Richtlinienentwurf sieht einen erheblich weiteren Anwendungsbereich als das LkSG vor. Die dann in Deutschland geltende eingeschränkte Verantwortlichkeit, je nach Stufe der Zulieferkette, würde entfallen. Der Anwendungsbereich des neuen Europäischen Lieferkettengesetzes geht erheblich weiter. Er umfasst die gesamte Wertschöpfungskette, also den eigenen Geschäftsbetrieb, Tochterunternehmen und alle Tätigkeiten entlang der Wertschöpfungskette von Zulieferern, mit denen zumindest eine etablierte Geschäftsbeziehung besteht.

Due Diligence

Die geforderten Umsetzungsmaßnahmen (Due Diligence) entsprechen im Kern denjenigen des deutschen LkSG. Diese umfassen Risikomanagement- und analyse, Präventions- und Abstellmaßnahmen gegen bzw. bei Verstößen sowie ausreichende Beschwerde- und Überwachungsinstrumente.

Zivilrechtliche Haftung

Die in Deutschland bei der Verabschiedung des LkSG hart umkämpfte Frage einer zivilrechtlichen Haftung wird sich erübrigen. Die europäische Richtlinie fordert explizit die Einführung einer zivilrechtlichen Haftung für Verstöße entlang der gesamten Lieferkette, zumindest solange diese vorhersehbar waren und durch angemessene Sorgfaltsmaßnahmen hätten vorhergesehen werden können.

Strafrechtliche Haftung und Sanktionen

Die befürchtete strafrechtliche Haftung bleibt (Stand heute) aus. Stattdessen wird es wie bisher umsatzabhängige Bußgelder geben. Neu sind – abgesehen von einem schon jetzt möglichen Ausschluss von Vergabeverfahren – die Möglichkeit eines Ausschlusses von öffentlichen Förderungen. Die Ausgestaltung des Haftungs- und Sanktionsregimes im Einzelnen obliegt den Mitgliedsstaaten.

Besondere Verhaltensvorgaben für das Management

Erwähnenswert sind schließlich noch besondere Verhaltensvorgaben für die Geschäftsführung. Sie soll bei Ihren Entscheidungen auch Nachhaltigkeitserwägungen anstellen. Der Richtlinienentwurf sieht insoweit eine Verknüpfung von Nachhaltigkeitszielen mit Haftungs- oder Vergütungsregeln vor. Es wird interessant sein zu sehen, wie die Mitgliedsstaaten diese Vorgabe in nationales Recht umsetzen werden.

Ausblick

Es ist davon auszugehen, dass der Richtlinienentwurf im Laufe der nun kommenden politischen Auseinandersetzung noch in einigen Punkten abgeändert wird. Dennoch zeichnet sich eine klare Marschroute ab. Spätestens ab 2026 werden die Anforderungen an die Pflichten zur Überwachung von Menschen- und Umweltrechten entlang der Lieferkette verschärft und auf mehr Unternehmen als bisher ausgedehnt werden.

 

Weitere Infos zum Thema Lieferkettengesetz finden Sie in diesen Beiträgen: 

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und Compliance Management Systeme

Nachhaltigkeit: Bundesregierung stellt Referentenentwurf zum Lieferkettengesetz vor

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