CSR-Richtlinie der EU: Erweiterte Nachhaltigkeitsberichtspflichten ab 2023

Seit dem Geschäftsjahr 2017 müssen bestimmte Unternehmen auf Grundlage der EU-CSR-Richtlinie sowie des CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes aus 2017 für jedes Geschäftsjahr eine nicht-finanzielle Erklärung über die Einhaltung von Corporate Social Responsibility abgeben. Dazu gehören Informationen über Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Als Teil der Umsetzung des European Green Deal sollen diese Pflichten nach Plänen der EU-Kommission nun erweitert werden. Hierzu hat die EU-Kommission am 21. April 2021 einen Vorschlag zur Änderung der EU-CSR-Richtlinie unterbreitet.

Der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen soll auf alle großen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ausgeweitet werden, die aufgrund einer Haftungsbeschränkung als solche behandelt werden, insbesondere die GmbH & Co. KG. Darüber hinaus wären alle großen Banken- und Versicherungsunternehmen von der Änderung betroffen. Die Kapitalmarktorientierung entfällt als Kriterium ebenso wie die Mindestzahl an Mitarbeitern von derzeit 500.

Die als unzureichend angesehenen bisherigen Standards der Berichterstattung sollen bis Mitte 2022 überarbeitet werden und bereits für das Berichtsjahr 2023 bzw. für kleine und mittelgroße börsennotierte Unternehmen ab 2026 verpflichtend zur Anwendung kommen, wenn die Richtlinie – wie derzeit geplant – bis zum 1. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt wird.

Aufgrund des straffen Zeitplans sollten potenziell betroffene Unternehmen daher die laufenden Entwicklungen im Auge behalten, sich frühzeitig mit den eigenen Berichtspflichten auseinandersetzen und ggf. bereits jetzt entsprechende Strukturen schaffen.

Berichtspflichten: aktuelle Regelungen

Nach der aktuellen Rechtslage besteht für Kapitalgesellschaften und den Kapitalgesellschaften gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften ohne mindestens eine natürliche Person als Vollhafter, insbesondere die GmbH & Co. KG, die Pflicht zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung, wenn die Gesellschaften:

  • Umsatzerlöse von über 40 Millionen Euro und/oder einer Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro aufweisen,
  • kapitalmarktorientiert sind und
  • im Jahresdurchschnitt über 500 Mitarbeiter beschäftigen.

Für Kreditinstitute und Versicherer gilt dies unabhängig von ihrer Rechtsform und der Kapitalmarktorientierung.

Den Berichtspflichten kann innerhalb oder außerhalb des Lageberichts nachgekommen werden. Sie unterliegen inhaltlich keiner Prüfung durch den Abschlussprüfer und nur unverbindlichen Vorgaben, in Form der von der EU-Kommission veröffentlichten Leitlinien.

Neu: Ausweitung des Kreises der verpflichteten Unternehmen

Die Berichtspflicht soll zukünftig erweitert werden, auf alle großen Kapitalgesellschaften und den Kapitalgesellschaften gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften. Für Kreditinstitute und Versicherer gilt dies rechtsformunabhängig. Neu ist außerdem, dass die Kapitalmarktorientierung oder die bisher notwendige Mitarbeiterzahl von über 500 nicht mehr relevant ist. Dies hat zur Folge, dass die Berichtspflicht eintritt, wenn zwei der folgenden drei Bedingungen erfüllt sind:

  • Umsatzerlöse von über 40 Millionen Euro,
  • Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro und/oder
  • im Jahresdurchschnitt über 250 Mitarbeiter.

Ferner sollen sämtliche in der EU börsennotierten Unternehmen unter die Berichtspflicht fallen. Ausgenommen sind Kleinstunternehmen. Es wird damit gerechnet, dass der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen hierdurch von in Deutschland derzeit unter 600 um das 30-fache ansteigen könnte.

Inhaltliche Erweiterungen

Die bisherigen inhaltlichen Anforderungen sollen nach Vorstellung der EU-Kommission erweitert und konkretisiert werden. So soll der Bericht z. B. eine Beschreibung von Geschäftsmodell und Strategie enthalten, die insbesondere Resilienz bzw. Nachhaltigkeitsgesichtspunkte einbezieht und in Plänen darlegt, wie das Unternehmen mit einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft zu vereinbaren ist. Außerdem sollen Stakeholder-Interessen und der Einfluss des Unternehmens auf die Umwelt- und Sozialfaktoren darlegt werden. Vorgesehen sind zudem eine Beschreibung der gesetzten Nachhaltigkeitsziele sowie eine Angabe dazu, wie weit das Unternehmen sich diesen genähert hat. Zuletzt soll auch die Rolle des Managements und der Aufsichtsorgane, bezogen auf die Nachhaltigkeitsfaktoren, erläutert werden.

Um die Qualität und Vergleichbarkeit der Berichterstattung weiter zu verbessern, sollen die inhaltlichen Anforderungen an den Bericht zudem durch verpflichtend zu beachtende EU-Berichtsstandards verbessert werden, die derzeit von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt werden und bis voraussichtlich Ende Oktober 2022 vorliegen. Da die Standards bereits für das Geschäftsjahr 2023 zur Anwendung kommen sollen, besteht nur äußerst wenig Zeit für betroffene Unternehmen, sich auf die neuen inhaltlichen Vorgaben einzustellen und entsprechende Strukturen aufzubauen bzw. anzupassen.

Verpflichtende Aufnahme in den Lagebericht und inhaltliche Prüfung

Die nichtfinanzielle Erklärung wird nach dem Richtlinienvorschlag zwingender Teil des Lageberichts. Auf diese Weise soll den Informationsnutzern ein besseres Verständnis des Geschehensablaufs, des Geschäftsergebnisses sowie der Lage des Unternehmens vermittelt werden.

Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen ihre Abschlussunterlagen seit dem Geschäftsjahr 2020 in einem europaweit einheitlichen elektronischen Berichtsformat offenlegen (ESEF). Dies soll nun auch für Unternehmen gelten, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtetet sind.

Schließlich soll der Nachhaltigkeitsbericht erstmals verpflichtend von einem Abschlussprüfer inhaltlich geprüft werden, zunächst als Prüfung mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“). Der Abschlussprüfer prüft insbesondere den Prozess der Informationsgewinnung für den Nachhaltigkeitsbericht, die Einhaltung bestimmter Vorgaben nach dem ESEF-Format und bestimmter „grüner“ Finanzkennzahlen.

Rechtsfolge bei Verstößen

Für Verstöße sollen die Mitgliedsstaaten angemessene Sanktionen vorsehen, zu denen Bußgelder und die Veröffentlichung des Namens der natürlichen Person oder der juristischen Person gehört, die für den Verstoß verantwortlich ist

Bereits jetzt können nach aktuellem deutschen Recht unrichtige Darstellungen in der nicht-finanziellen Erklärung eine Straftat der Leitungsorgane darstellen, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet wird. Auch bereits die Nichtbeachtung der Vorgaben für die nicht-finanzielle Erklärung kann erhebliche Bußgelder nach sich ziehen. Diese Sanktionen werden zukünftig wohl auch für die erweiterte CSR-Richtlinie Anwendung finden. Möglicherweise werden sie sogar noch verschärft.

Fazit

Sollten die Änderungsvorschläge der Europäischen Kommission wie geplant umgesetzt werden, sind in Zukunft deutlich mehr Unternehmen verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Die inhaltlichen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichtspflichten im Einzelnen werden derzeit noch überarbeitet. Sie werden sich erst im Laufe dieses Jahres weiter konkretisieren. Da allerdings nach gegenwärtigem Stand die erweiterten Nachhaltigkeitsberichtspflichten bereits ab 2023 bzw. für kleine und mittelgroße börsennotierte Unternehmen ab 2026 gelten, sollten betroffene Unternehmen die Entwicklung im Auge behalten und bereits jetzt Vorkehrungen treffen.

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David Falkowski

David Falkowski

Junior PartnerRechtsanwalt

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