Arbeitsrecht20.12.2021 Newsletter

Arbeitsrecht & Koalitionsvertrag: Arbeitszeit

Der neue Koalitionsvertrag der kommenden Regierung aus SPD, Bündnis90/DieGrünen und FDP ist durch Unterschrift der Ampelparteien offiziell abgesegnet. Welche Aussagen der Koalitionsvertrag zu arbeitsrechtlichen Themen enthält und welche konkreten Auswirkungen die Pläne haben könnten, stellen wir in den kommenden Tagen in einer Reihe von Beiträgen dar. Heute: Neuerungen zum Thema Arbeitszeit.

Die Aussagen

„[...] Wir halten am Grundsatz des 8-Stunden-Tages im Arbeitszeitgesetz fest.

[...] im Jahre 2022 zu treffenden, befristeten Regelung mit Evaluationsklausel werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können.

[...] wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, auf Grund von Tarifverträgen, dies vorsehen (Experimentierräume).

[…] prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitszeitrecht sehen. [...] müssen flexible Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit) [...] möglich sein.“

(Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, S. 68)

Die Auswirkungen

Auch wenn der Koalitionsvertrag am Grundsatz des 8-Stunden-Tages festhält, soll eine Abweichung von der Tageshöchstarbeitszeit auf Basis eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung, auf Grund von Tarifverträgen, möglich werden. Da es nur begrenzte Möglichkeiten sein sollen und da die durch die Europäische Arbeitszeitrichtlinie festgelegten Beschränkungen auch von der geplanten Neuregelung zu beachten sein werden, wird sich die Neuregelung vermutlich im Bereich zwischen 10 und 13 Stunden tägliche Höchstarbeitszeit bewegen und Ausgleichsmaßnahmen für die zusätzliche Belastung vorsehen.

Auch soll schon im kommenden Jahr eine – wenn auch nur befristete – Regelung geschaffen werden, die über Tarifverträge eine weitere Abweichung von den derzeitigen Regelungen zu Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen im Arbeitszeitgesetz und so eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit ermöglichen soll. Zu hoffen ist, dass die Koalition sich auf klare und eindeutige Regelungen einigen kann, damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer diese "Experimentierräume" risikolos nutzen können und sich diese für eine unbefristete Fortsetzung bewähren.

Schließlich will die Koalition auch die Rechtsprechung des EuGHs vom 14. Mai 2019 (Az. C-55/18 - CCOO), nach der die Arbeitszeiterfassung in den Mitgliedsstaaten der EU durch ein objektives, verlässliches und zugängliches System erfolgen muss, umsetzen. Mit Spannung wird dabei zu erwarten sein, wie die künftige Regierung die Umsetzung dieser Rechtsprechung mit der ebenso angestrebten Aufrechterhaltung der Vertrauensarbeitszeit vereinbaren will.

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Anja Dombrowsky

Anja Dombrowsky

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